Zum Hauptinhalt springen

Die resiliente Stadt

Städte müssen Krisen, Katastrophen und dem Klimawandel widerstehen.  Experte Detlef Kurth sagt, wie das möglich ist.

23.06.2022
Rotterdam gilt weltweit als Vorbild für Hochwasserschutz.
Rotterdam gilt weltweit als Vorbild für Hochwasserschutz. © picture alliance / ROBIN UTRECHT

Herr Professor Kurth, wenn es um die Zukunft der Städte geht, ist oft die Rede von urbaner Resilienz. Was bedeutet das?
Im Memorandum Urbane Resilienz definieren wir einen Dreiklang von Eigenschaften für die Städte. Erstens bedeutet Resilienz „Zurückfedern“, also nach einer Krise oder Katastrophe in den Ursprungszustand zurückkommen. Für eine nachhaltige Stadtentwicklung reicht das aber nicht. Deshalb brauchen wir zwei weitere Dimensionen: Anpassung und Transformation, also Städte auf Krisen vorbereiten und sie so verändern, dass sie in Zukunft nachhaltiger und widerstandsfähiger sind.

Wie werden Städte resilient?
Der erste Schritt für eine Stadt ist, sich künftiger Krisen und Katastrophen bewusst zu werden. Sehr wichtig ist eine robuste und redundante Infrastruktur, die auch in einer Krise gut funktioniert. Es geht aber auch darum, bei Bauvorhaben den Resilienzaspekt mitzudenken und künftige Krisen abzuschätzen. Das ist Teil einer präventiven Planung. Dazu gehört eine Risikoanalyse, also zum Beispiel zu schauen, wo Hochwasser drohen, oder wo Hitzeereignisse zu erwarten sind und ob dort gefährdete Menschen wohnen. Deutschland hatte bisher das Glück, dass es nicht viele Katastrophen gab – von daher fehlte das Risikobewusstsein und es gibt einigen Nachholbedarf.

Professor Detlef Kurth, TU Kaiserslautern
Professor Detlef Kurth, TU Kaiserslautern

Sie reden auch von „bunten“ Städten. Was verstehen Sie darunter?
Es gibt die vier Begriffe grün, blau, grau und weiß aus der Klimaanpassungsstrategie, die sehr stark mit dem Resilienzgedanken zusammenhängen und Ziele für die Städte definieren. Grüne Stadt bedeutet mehr Pflanzen für das Mikroklima und die Luftqualität. Blaue Stadt meint mehr Wasser, also Verdunstungsflächen und offene Wasserläufe, um der extremen Hitze zu begegnen. Graue Stadt führt zu mehr Verschattung, gerade im Sommer. Weiße Stadt bezieht sich auf den Albedo-Effekt, dass weiße Flächen das Sonnenlicht reflektieren und damit der Überhitzung der Stadt entgegenwirken.

Für uns ist es wichtig, dass wir voneinander lernen.
Professor Detlef Kurth, TU Kaiserslautern

Gibt es Städte, die beim Thema Resilienz als Vorbild gelten?
Da gibt es einige, die wir auch untersucht haben. In Europa etwa Rotterdam unter anderem zum Thema Hochwasser. In Asien etwa Hongkong, Taipeh oder japanische Städte, die sich schon sehr früh mit den Auswirkungen von Pandemien und Erdbeben auseinandergesetzt haben. Aber auch Städte in Indien und den USA verfolgen interessante Ansätze. Deshalb ist es wichtig, die Stadtentwicklungspolitik in Deutschland zu internationalisieren und etwa über Resilienz-Städtepartnerschaften den Austausch zu verstärken. Für uns ist es wichtig, dass wir voneinander lernen.

 


Professor Dr. Detlef Kurth von der TU Kaiserslautern ist unter anderem Vorsitzender des Expertenkreises zur Erstellung des „Memorandums Urbane Resilienz“ für das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.

© www.deutschland.de