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Neue Chancen für den deutsch-indischen Handel

Deutsch-indische Konsultationen: Stefan Halusa von der Deutschen Auslandshandelskammer in Indien setzt auf Schub für Partnerschaft.

Interview: Martin Orth, 14.04.2022
Lkw-Produktion von Daimler in Indien
Lkw-Produktion von Daimler in Indien © dpa

Herr Halusa, der deutsch-indische Handel stieg trotz der Pandemie 2021 um fast 20 Prozent. Was steckt hinter dieser starken Entwicklung?

Der gesamte indische Außenhandel hat 2021 deutlich zugelegt, bei Gütern sogar um über 50 Prozent. Dabei sind Exporte schneller gewachsen als Importe. Der bilaterale Handel mit Deutschland hat insofern nur unterdurchschnittlich profitiert. Die Importe aus Indien sind etwas schneller gewachsen als die Exporte nach Indien. Wir sehen hier noch großes Potenzial und hoffen, dass die im Mai 2021 beschlossene Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Handels- und Investitionsabkommen zwischen Indien und der EU auch vollzogen wird.

Stefan Halusa, Chef der Indo-German Chamber of Commerce
Stefan Halusa, Chef der Indo-German Chamber of Commerce © privat

Welche Güter werden vornehmlich gehandelt?

Deutschland liefert Maschinen, chemische Erzeugnisse, Flugzeuge sowie Elektrotechnik. Am schnellsten gewachsen sind 2021 die Exporte von Straßenfahrzeugen und Fahrzeugteilen. Indiens wichtigste Exporte nach Deutschland sind chemische Erzeugnisse inklusive Arzneimitteln, sowie Bekleidung und ebenfalls Maschinen. Hier sind Eisen- und Stahllieferungen am schnellsten gewachsen.

In absoluten Zahlen: Wie hoch sind die Im- und Exporte, wie hoch die jeweiligen Direktinvestitionen?

Laut Destatis und Germany Trade and Invest (GTAI) exportiert Deutschland 2021 Waren und Dienstleistungen im Wert von 14,7 Milliarden US-Dollar nach Indien. In umgekehrter Richtung sind es 12,9 Milliarden US-Dollar. Damit liegt Deutschland auf Rang sechs der indischen Handelspartner. Indien steht bei den deutschen Absatzmärkten auf Rang 23, bei den Importen auf Rang 26. Bei Direktinvestitionen liegt Deutschland in Indien für den Zeitraum 2000 bis 2020 mit einem Gesamtvolumen von etwa 13,5 Milliarden US-Dollar auf Rang sieben. Indien liegt mit seinen Direktinvestitionen in Deutschland auf Rang 29.

Indien ist einer der wichtigsten Partner Deutschlands in der Region.
Stefan Halusa, Chef der Indo-German Chamber of Commerce

In welchen Bereichen sehen Sie gerade zwischen Deutschland und Indien noch Möglichkeiten?

Die indische Regierung hat zahlreiche sogenannte „production-linked Incentives“ ausgerufen, mit denen industrielle Arbeitsplätze im Land geschaffen werden sollen. Hier sehen wir gute Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Weitere Bereiche sind Infrastruktur und Erneuerbare Energien. Dies wird zur Verschiebung von Importvolumen führen, die heute von Energieimporten dominiert werden. Eine weitere Veränderung, von der deutsche Unternehmen profitieren könnten, ist das erklärte Ziel der indischen Regierung, die wirtschaftliche Verflechtung mit China zu reduzieren, derzeit Indiens wichtigster Handelspartner.

Wie verändern die Pandemie, die neuen Leitlinien zum Indo-Pazifik der Bundesregierung und der russische Angriff auf die Ukraine das Geschäft?

Die Verabschiedung der Indo-Pazifik-Leitlinien durch die Bundesregierung wurde in Indien sehr positiv zur Kenntnis genommen. Die praktischen Auswirkungen sind bis jetzt allerdings gering. Das hat auch mit der Pandemie zu tun, die vieles erschwert hat. Anfang Mai werden die Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen in Berlin stattfinden. Von diesen erwarten wir einen gewissen Push. Indien ist einer der wichtigsten Partner Deutschlands in der Region, aus unserer Sicht wird die Bedeutung dieser Partnerschaft weiter zunehmen. Wir brauchen einen Strategiedialog, auch und insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Kurz zu Ihnen: Sie leiten die größte deutsche Auslandshandelskammer in Mumbai seit einem Jahr. Wie sind Ihre persönlichen Eindrücke von Indien?

Bisher sind sie in gewisser Weise pandemiegeprägt. Seit einiger Zeit normalisiert sich das Leben aber wieder. Deutschland, deutsche Unternehmen und Produkte haben in Indien einen sehr guten Ruf. Die Hilfe, die insbesondere während der zweiten Covid-Welle im vergangenen Jahr aus Deutschland kam, wurde im Land sehr positiv aufgenommen. Ich nehme bei meinen Gesprächen eine große Offenheit wahr. Und ein ebenso großes Selbstbewusstsein. Das führt zu einem Dialog auf Augenhöhe. Eine gute Voraussetzung für einen zielorientierten Austausch.

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