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The Hamburg Summit: China meets Europe

Auf dem Hamburg Summit werden die großen Thema zwischen China und Europa diskutiert. Drei Fragen an Frau Dr. Margot Schüller, Senior Research Fellow des GIGA Instituts für Asien-Studien und ausgewiesene China-Expertin.

22.11.2016
© dpa/Brandt - Hamburg Summit

Frau Dr. Schüller, Sie nehmen als Moderatorin am „Hamburg Summit“ teil. Was sind Ihrer Meinung nach die drängendsten Themen zwischen China und Europa, die angesprochen werden sollten?

Das wohl aktuellste Thema ist die Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft durch die EU. Dass China in nur 15 Jahren international so wettbewerbsfähig geworden ist und eine derartige Herausforderung für die EU-Mitgliedsländer darstellt, dies war wohl beim Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) Ende 2001 nicht absehbar gewesen. Offensichtlich hat diese Zeit auch nicht ausgereicht, um die notwendigen Strukturanpassungen als Reaktion auf den aus China kommenden Kostendruck in der EU durchzuführen. Problematisch sind derzeit vor allem die hohen Stahlüberkapazitäten in China und chinesische Stahlexporte zu Dumpingpreisen. Ohne ausreichende handelsbezogene Schutzrechte gegen Dumping wären europäische Unternehmen nach dem 11. Dezember 2016 nicht vor sprunghaften Exportanstiegen von Produkten zu Preisen unterhalb der  Herstellerpreise  geschützt. Beide Seiten werden einen Kompromiss eingehen müssen, um die grundsätzlich guten Handelsbeziehungen nicht in Frage zu stellen. Dieser könnte beispielsweise in einer grundsätzlichen Anerkennung des Marktwirtschaftsstatus durch die EU bestehen, während gleichzeitig mit Hilfe von angepassten handelsbezogenen Schutzrechten gegen hohe Überkapazitäten und Preisdumping vorgegangen werden kann.

Weitere Themen sind der Abbau von Zugangsbeschränkungen zum chinesischen Markt für europäische Investoren sowie die Gleichbehandlung ausländischer Unternehmen nach ihrer Ansiedlung in China. Auch der mangelnde Schutz geistiger Eigentumsrechte bleibt eine Herausforderung für ausländische Unternehmen, obwohl durchaus Fortschritte bei der Umsetzung des bestehenden Rechtsrahmens gemacht wurden.      

China ist einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands. Wie verändern sich die Beziehungen – auch vor dem Hintergrund des jüngsten China-Besuches von Bundeswirtschaftsminister Gabriel, bei dem er offen Kritik am Marktzugang für deutsche Unternehmen geäußert hat?

Offene Kritik an den Rahmenbedingungen für ausländische Unternehmen in China, wie sie Bundeswirtschaftsminister Gabriel geäußert hat, ist ungewöhnlich. Ich glaube allerdings nicht, dass sich hierdurch die Beziehungen zu China verschlechtern. Allerdings auch nicht, dass seine Kritik kurzfristig etwas an der Situation ändert. Sie kann dagegen als Teil des Verhandlungsspiels um das EU-China Investitionsabkommen gesehen werden. Hier setzt die EU auf eine stärkere Wechselseitigkeit beim Zugang europäischer Unternehmen zum chinesischen Markt im Gegenzug zu einer liberalen Politik beim Marktzugang für chinesische Investoren in der EU. Dass Firmenübernahmen von Aixtron und Osram durch chinesische Käufer nochmals auf den Prüfstand gekommen sind, ist ebenfalls in diesem Kontext zu sehen.

Die Bertelsmann-Stiftung hat jüngst die Studie „China 2030“ mit sechs verschiedenen Szenarien veröffentlicht. Welches Szenario halten Sie für das wahrscheinlichste?

Ich gehe davon aus, dass das Szenario „Chinesischer Traum“, das die Umsetzung ehrgeiziger Wirtschaftsreformen durch die chinesische Regierung vorsieht, bis 2030 im Wesentlichen Realität wird. Die chinesische Marktwirtschaft wird aber auch in weiteren 14 Jahren nicht identisch sein mit westlichen Marktwirtschaften, das zeigen uns die Beispiele Japans und Südkoreas. Da sich Normen und Werte in einer Gesellschaft am langsamsten ändern,  gehe ich auch nicht davon, dass es das in diesem Szenario unterstellte  „freiheitliche Wertesystem“ westlicher Prägung geben wird. Aber mit der angestrebten stärker innovationsgetriebenen Entwicklung muss es auch mehr individuelle Freiräume und die Möglichkeit zur Entfaltung der Kreativität geben. Das wird China am stärksten verändern.

The Hamburg Summit: China meets Europa am 23. und 24. November 2016

www.hamburg-summit.com

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