NS-Opfern eine Stimme geben
Zwei internationale Freiwillige der „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ erzählen von ihrer Arbeit in Deutschland.

Lucie Louis (21) aus Frankreich leistet ihren Freiwilligendienst für die „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ von September 2024 bis August 2025 in der Gedenkstätte Augustaschacht Osnabrück.

„Nach meinem Bachelorstudium mit geistes- und geschichtswissenschaftlichem Schwerpunkt in Lyon wollte ich erst einmal unbedingt praktisch arbeiten. Über die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste bin ich auf die Gedenkstätte Augustaschacht Osnabrück aufmerksam geworden, die an die Haftzellen und das ‚Arbeitserziehungslager‘ der Gestapo (Geheime Staatspolizei) erinnert. Ich arbeite unter anderem im Archiv und in der Besucherbetreuung der Gedenkstätte. Als Muttersprachlerin versuche ich zudem, Kontakte zu den Familien ehemaliger französischer Gefangener herzustellen. Das ist auch ein Kampf gegen die Zeit und das Vergessen; oft leben nur noch die Enkelkinder der Opfer der Nazi-Verfolgung. Anfang April konnte ich einen älteren Herrn interviewen, der als Sohn einer Zwangsarbeiterin in der Gefangenschaft geboren wurde. Das war ein bewegendes Gespräch. Ich finde es sehr wichtig, an das Leiden der Gefangenen zu erinnern und ihnen auch 80 Jahre nach Kriegsende eine Stimme zu geben.“
Gabriel Rogers (25) aus den USA arbeitet während seines Freiwilligendiensts für die „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ von September 2024 bis September 2025 für die KZ-Gedenkstätte Neuengamme bei Hamburg.

„Mein Interesse an der Zeit des Zweiten Weltkriegs wurde während meines Studiums an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München geweckt. München war die ‚Hauptstadt der Bewegung‘ der Nationalsozialisten, und in meiner Arbeit als Journalist beschäftige ich mich mit der Gefahr des Wiedererstarkens von Rechtsextremismus und Antisemitismus. Diese Bedrohung beobachte ich leider auch in meinem Heimat-Bundesstaat Michigan in den USA. In der KZ-Gedenkstätte Neuengamme kümmere ich mich vor allem um die Social-Media-Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit. Mit einem eigenen TikTok-Kanal geht die Gedenkstätte neue Wege in der Erinnerungsarbeit. Das ist wichtig, um auch jungen Menschen möglichst direkte Zugänge zum Gedenken an die Nazi-Verbrechen zu ermöglichen. Ich produziere die Clips für TikTok eigenständig und konnte mit einem Video schon über 100.000 Menschen erreichen. Wertvolle persönliche Begegnungen sind ebenfalls Teil meiner Arbeit. Ich recherchiere für ein größeres Filmprojekt zu medizinischen Experimenten der Nazis an Kindern und habe dazu unter anderem mit zwei italienischen Cousins gesprochen, die das Grauen überlebt haben. Ich bin unglaublich dankbar, wenn sich die Menschen öffnen und damit zu dem so wichtigen Erinnern beitragen.“