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Diskussion über die Genom-Analyse

Die Genom-Analyse kann für die Gesundheit des Menschen eingesetzt werden. Aber soll das jeder selbst machen dürfen?

13.11.2015
© dpa/blickwinkel/McPHOTOs - Genome analysis

„Sie werden überrascht sein, wie viele Informationen zur Reduktion des Risikos vorhandener Dispositionen für bestimmte Krankheiten bereits heute zum eigenen Vorteil eingesetzt werden können“, sagt Professor Theodor Dingermann. Der Pharmazeut, Fachmann für Biochemie und Molekularbiologie, und Lehrstuhlinhaber an der Universität Frankfurt will auf der Medizinmesse Medica 2015 in Düsseldorf in einem Vortrag seine persönlichen Erfahrungen mit den Möglichkeiten der Analyse des eigenen Genoms vorstellen. Was man damit heute kann, ist beeindruckend: Per Genom-Analyse kann man die Neigung zu Fettleibigkeit, Paradontitis, Osteoporose, Arthritis, Bluthochdruck, Diabetes, Schizophrenie oder Alzheimer genauso bestimmen wie etwa die Verträglichkeit und Wirkung bestimmter Medikamente.

Das Risiko von Fehldiagnosen und falscher Interpretation von Laien

So verlockend es scheint, wird das Thema international durchaus kontrovers diskutiert. Der Fall: Bereits seit acht Jahren bietet ein US-Unternehmen über das Internet Gentests an, mit denen jeder - für mittlerweile nur noch 99 Dollar - die eigene Veranlagung für Erbkrankheiten, etwa Mukoviszidose, oder die Neigung zu Herz-Kreislauferkrankungen, Multipler Sklerose oder bestimmten Krebsarten feststellen lassen kann. Aber: Vor zwei Jahren hatte die amerikanische Gesundheitsbehörde dem Unternehmen den Verkauf der Selbst-Test-Sets an Privatpersonen  verboten, weil sie Fehldiagnosen und falsche Interpretationen der Daten durch Laien befürchtete. Seit Oktober 2015 bietet das Unternehmen nun einen allgemeinen Test an, der Menschen darüber informiert, ob ihre Gene ein erhöhtes Risiko für 36 seltene Krankheiten tragen. Weiterhin untersagt aber bleiben in den Vereinigten Staaten Aussagen über das persönliche Risiko häufiger schwerer Krankheiten wie Alzheimer und Brustkrebs im Selbsttest, also ohne Indikation und diagnostisch-therapeutische Begleitung eines Arztes.

Der deutsche Mediziner Matthias Orth, Chefarzt des Instituts für Labormedizin am Marienhospital in Stuttgart,  kritisiert insbesondere den Handel mit den sogenannten Lifestyle-Tests, die direkt vom Konsumenten per Internet oder über die Apotheke unter Ausschaltung ärztlicher Begleitung und Beratung erworben werden können. „Einerseits ist nicht absehbar, inwieweit die  Aussagen der Tests tatsächlich wissenschaftlich fundiert sind. Andererseits ist natürlich der Datenschutz ein großes Streitthema“, sagt er. Was es bedeutet, wenn so sensible Daten wie das eigene Genom in falsche Hände gelangen, malen sich nicht nur Krimiautoren und Fortschrittsskeptiker aus. Arbeitgeber und Versicherungen jedenfalls hätten sicher großes Interesse an Voraussagen über mögliche künftige Erkrankungen eines Angestellten oder Kunden.

Medizinmesse Medica vom 16. bis 19. November 2015 in Düsseldorf

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