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Buchmesse live

Das Forum „Weltempfang“ auf der Frankfurter Buchmesse thematisiert „Europa!" - erste Stimmen.

Sarah Kanning, 19.10.2016
© Alexander Heimann/Frankfurter Buchmesse - Frankfurt Book fair

Was ist Europa – und wohin wird es sich entwickeln? Die Entscheidung der Briten, die Europäische Union verlassen zu wollen, hat die jahrzehntelange Vision von Europa als Wirtschafts- und Friedensprojekt ins Wanken gebracht. Europa-Befürworter suchen händeringend nach einem neuen europäischen Narrativ. Von welchen Idealen jenseits der wirtschaftlichen Vorteile lassen sich Menschen begeistern? Eine Frage, zur der das Auswärtige Amt und die Frankfurter Buchmesse den Dialog vorantreiben möchten. „Europa!“ lautet daher das diesjährige Motto des Forums „Weltempfang“, der kulturpolitischen Plattform der Frankfurter Buchmesse in Halle 3.1.

Die Freiheit des Wortes

„Da die rein ökonomische Herangehensweise an das Projekt Europa offensichtlich nicht genügend Integrationskraft besitzt, wollen wir in Frankfurt eine neue inhaltliche Auseinandersetzung anstoßen,“ sagt Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. Diese soll die derzeitigen Ereignisse und Perspektiven rund um den Globus einbeziehen und „insbesondere die Diskussion um Werte wie die Freiheit des Wortes und Publikationsfreiheit beinhalten“. In Lesungen, Vorträgen und Diskussionen werden Schriftsteller, Verleger und Kulturmittler an fünf Tagen über die Lage nach dem Brexit-Referendum, über Flucht und Migration sowie wachsenden Populismus auf dem Kontinent debattieren. Seit 2007 beteiligt sich das Auswärtige Amt mit dem Forum für Politik, Literatur und Übersetzung an der Frankfurter Buchmesse. Mittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP), Autoren und Übersetzer haben hier die Gelegenheit, sich dem Publikum zu präsentieren und aktuelle Herausforderungen ihrer Arbeit zu erläutern.

„Eine unserer prominentesten Podien“, nannte Juergen Boos die Veranstaltung zur Eröffnung des Weltempfangs am Mittwochnachmittag – eine prominent besetzte Diskussion zum Thema „Europa und Islam“. Und tatsächlich standen hinter den etwa belegten 100 Sitzplätzen noch einmal etwa doppelt so viele Interessierte, die sich die Diskussion der Autoren Boualem Sansal (Algerien/Frankreich), Elif Shafak (Türkei/Großbritannien) und Andreas Görgen, Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation des Auswärtigen Amts, anhören wollten. Daniel Cohn-Bendit moderierte die Debatte, in der schnell klar wurde, dass es nicht „den“ Islam gibt, sondern unendlich viele verschiedene Ausprägungen. „Es ist unsere Aufgabe, die Freiheit der Kunst zu schützen“, sagte Andreas Görgen und machte deutlich, dass Außenpolitik nicht immer einfach ist. „Doch es ist absolut notwendig, auch mit schwierigen Partnern Politik und Kulturpolitik zu betreiben und für Demokratie und eine Republik zu streiten und dieses Konzept auch im Ausland anzubieten.“

In drei Sprachen – Deutsch, Englisch und Französisch – moderierte Daniel Cohn-Bendit die Diskussion unterhaltsam und tiefgründig. Mit dem Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 2011, Boualem Sansal, sprach er über die schwierige Aufgabe des Erinnerns und der Geschichtsaufarbeitung in Algerien. Zur Lage der Türkei äußerte sich die Autorin Elif Shafak kritisch. Die Türkei gleite ab von der Demokratie, sagte Shafak. Sie plädierte dafür, Frauen im arabischen Raum und in der Türkei „sichtbarer“ zu machen: „Ob mit Kopftuch oder ohne – wir brauchen Frauen außerhalb des häuslichen Raums. Das wird die Kultur verbessern.“ Sie forderte auf, Brücken zu bauen: „Wir brauchen Brücken, um religiöse oder kulturelle Grenzen zu überwinden."

Die Frankfurter Buchmesse ist die größte Buchmesse der Welt: 7100 Aussteller aus mehr als hundert Ländern, 270.000 Besucher und mehr als 9300 Journalisten und Blogger werden erwartet.

www.buchmesse.de/weltempfang

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