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Verständigung auf Europäisch

Texte, Dokumente, Websites: Forscher des DFKI haben zusammen mit der Sprachtechnologie-Firma Tilde ein Online-Übersetzungstool für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft entwickelt.

Clara Krug, 29.07.2020
Der EU Council Presidency Translator übersetzt in 24 Sprachen.
Der EU Council Presidency Translator übersetzt in 24 Sprachen. © Adobe Stock/nito

Für komplexe Themen in fremder Sprache oder einfach zur besseren Verständigung sind sie nützliche Hilfen: Online verfügbare Übersetzungsdienste vereinfachen den Alltag. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) hat zusammen mit Tilde ein neues Übersetzungstool für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft entwickelt. Der EU Council Presidency Translator übersetzt Texte, Dokumente und Websites in die 24 Amtssprachen der Europäischen Union (EU). Die 24 Sprachen werden von Übersetzungssystemen von DFKI und Tilde sowie von DeepL und dem EU-Übersetzungssystem eTranslation abgedeckt. Die Professoren Joseph van Genabith und Stephan Busemann leiten das Projekt am DFKI. Im Interview erzählen sie, wie das Tool funktioniert – und warum es manchmal zu witzigen  Verwechslungen kommt.

Die DFKI-Professoren Josef van Genabith (links) und Stephan Busemann.
Die DFKI-Professoren Josef van Genabith (links) und Stephan Busemann. © DFKI

Herr Professor Busemann, Herr Professor van Genabith, was ist das Besondere am EU Council Presidency Translator?

Josef van Genabith: Die Übersetzungsmaschine nutzt vier verschiedene digitale Übersetzungsdienste: DeepL, Tilde, eTranslate und die DFKI-Systeme. Jeder Dienst hat andere Stärken. Neben einzelnen Wörtern und Sätzen können Nutzerinnen und Nutzer auch Dokumente wie Word- oder Powerpoint-Dateien hochladen und in gleicher Formatierung übersetzen lassen. Der Translator übersetzt außerdem jede beliebige Website in eine der 24 EU-Amtssprachen – ebenfalls in der Optik der eingegeben Website.

Stephan Busemann: Mit dem Projekt setzen wir ein Statement: Unsere Systeme sind hochaktuell. Das zeigt: Deutschland und Europa zählen im Bereich der Künstlichen Intelligenz weltweit zu den führenden Staaten. Unsere Technologien wurden hier entwickelt und auch die Server stehen in Europa. Das ist sicherheitstechnisch ein großer Vorteil.

Deutschland und Europa zählen im Bereich der Künstlichen Intelligenz weltweit zu den führenden Staaten.
Stephan Busemann, DFKI

Wer nutzt den EU Council Presidency Translator?

Josef van Genabith: Jeder kann mit dem Dienst jeden denkbaren Satz aus einer EU-Amtssprache in eine der 23 anderen EU-Sprachen übersetzen lassen. Im Vergleich zu anderen Anbietern sind einige Systeme im Translator zusätzlich auf alle Themen rund um die Europäische Union und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft spezialisiert. Die Übersetzungsdienste der Ministerien nutzen unser Tool für ihre tägliche Arbeit. Vor allem die DFKI- und Tilde-Systeme sind auf sie zugeschnitten. Es geht zum Beispiel darum, bestimmte Wörter und Formulierungen möglichst identisch zu übersetzen. Der Translator liefert eine Rohübersetzung, die die menschlichen Übersetzer dann verbessern.

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Wie bringen Sie das dem Council Presidency Translator bei?

Josef van Genabith: Das ist ein fortlaufender Prozess. Unser Übersetzungsdienst wird unaufhörlich mit Daten gefüttert. Je mehr richtig übersetzte Wörter und Formulierungen ihm zur Verfügung stehen, desto besser wird seine Übersetzung. Das ist vergleichbar mit Sportlern: Je mehr sie trainieren, desto erfolgreicher werden sie. Unser Übersetzungsdienst lernt aus jedem seiner Fehler.

Wann stößt der Translator an seine Grenzen?

Stephan Busemann: Witzige Ergebnisse können entstehen, wenn der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem Text vorkommt. Steht sein Nachname am Beginn eines deutschen Satzes, übersetzt der Translator das häufig als Adjektiv in eine andere Sprache. Aber die Technologien entwickeln sich stets weiter, und wir sind zuversichtlich, dass Fehler wie diese bald nicht mehr vorkommen.

Josef van Genabith: Auch mit inhaltlichen Bezügen zwischen zwei oder mehr Sätzen tun sich die Systeme noch schwer, weil sie momentan jeden Satz einzeln übersetzen. In unseren Laboratorien arbeiten wir bereits mit Systemen, die Bezüge erkennen. Ein weiterer Punkt: Übersetzungsmaschinen, die auf bestimmte Bedürfnisse zugeschnitten sind, haben eine Schwäche: Ihre Übersetzungen sind dann für andere Themen nicht so gut geeignet. Auch das wollen wir verbessern.

Müssen menschliche Übersetzer um ihren Job bangen?

Josef van Genabith: Nein, davon gehen wir nicht aus. Wenn wir menschliche Übersetzer ausklammern würden, wären wir den Ergebnissen der Übersetzungsmaschinen ausgeliefert. Das möchte niemand. Ausbildung und Arbeitsweise werden sich aber weiter verändern. Übersetzer werden in Zukunft stärker mit digitalen Technologien arbeiten. Um diese Komponente muss auch ihre Ausbildung erweitert werden. Das Interesse ist da und das Engagement der Übersetzer bei der Datensammlung, beim Testen und bei der Evaluation der Systeme ist enorm. Wir erleben die menschlichen Übersetzerinnen und Übersetzer als sehr offen für neue Technologien und arbeiten in der Entwicklung des Presidency Translators mit den Kolleginnen und Kollegen der Ministerien Hand in Hand.