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„Parthenon der Bücher“

Die argentinische Künstlerin Marta Minujín errichtet für die kommende documenta in Kassel einen Parthenon aus Büchern.

14.11.2016
© dpa/Arne Dedert - Die argentinische Künstlerin Marta Minujin

Der Tempel aus verbotenen Büchern hat die Original-Maße des Parthenon in Athen, dem Tempel für die Stadtgöttin Pallas Athena Parthenos auf der Akropolis. Einst oder noch immer verbotene Bücher bilden die Säulen, die Wände, den Boden. Die argentinische Künstlerin Marta Minujín will mit ihrer Installation auf der documenta 14 in Kassel auf Zensur und Verfolgung aufmerksam machen – und  hat Ende Oktober 2016 mit den Vorbereitungen für den Bau auf dem Friedrichsplatz in Kassel begonnen.

Die 73 Jahre alte Argentinierin beschäftigte sich vielfach mit repressiven Regimes, darunter der Diktatur in ihrer Heimat. Sie erforscht die Potenziale sowohl von Happenings und Performance-Kunst als auch von Plastiken und Videos. Geboren in Buenos Aires, studierte sie dort Bildende Kunst und Kunstpädagogik und zog Anfang der 1960er-Jahre nach Paris. Später lebte und arbeitete die Künstlerin in New York, heute wieder in Buenos Aires. Für sie sind Bücher ein wesentlicher Ausdruck der freien Rede.

Die Bücher sollen wieder kursieren

Deshalb entwickelt Marta Minujín für die vierzehnte Ausgabe der documenta etwas Besonderes. 1983 griff Minujín mit der Installation „El Partenón de libros“ den Parthenon als ästhetisches und politisches Ideal der Demokratie auf, die in ihrer Heimat Argentinien durch die zivil-militärische Diktatur korrumpiert worden war. Für dieses künstlerische Projekt wurde aus Tausenden zensierten Büchern eine Replik des griechischen Parthenons gebaut, das von einem Metallgerüst getragen wird. Nach fünf Ausstellungstagen kippten zwei Kräne das Gerüst leicht zur Seite. Die Besucher konnten nun die Bücher mitnehmen.

Bis Juni 2017 wird in Kassel „El Partenón de libros“ für die documenta 14 als „Parthenon der Bücher“ erneut errichtet und mit bis zu 100.000 Büchern aus aller Welt bestückt. Einige dieser Bücher waren jahrelang verboten, werden nun aber wieder legal verbreitet, andere werden in manchen Ländern verlegt, sind in anderen Ländern aber verboten. Jeder ist dazu eingeladen, die Realisierung des Kunstwerks mit einer Buchspende zu ermöglichen. Das Kunstwerk wird in Kassel genau dort errichtet, wo die Nationalsozialisten 1933 zahlreiche in Ungnade gefallene Bücher verbrannten. So soll die Installation zu einem Zeichen gegen Zensur, das Verbot von Texten und die Verfolgung ihrer Verfasser werden.

Im Verlauf des Projekts entsteht in Zusammenarbeit mit der Universität Kassel eine Liste verbotener Bücher, die angenommen werden. Derzeit umfasst sie 60.000 Titel. Wie im Jahr 1983 ist auch für den Parthenon in Kassel zum Ende der documenta 14 eine gemeinsame Aktion mit der Öffentlichkeit geplant, um die Bücher wieder kursieren zu lassen.

http://documenta14.de/the_parthenon_of_books/donate/de

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