„Ich bin sowas wie ein Popstar“
Monika Staab trainiert die saudische Frauenfußball-Nationalmannschaft. Doch bei ihrer Arbeit geht es nicht nur um Fußball.
Die Deutsche Monika Staab macht sich weltweit stark für den Frauenfußball. In mehr als 80 Ländern hat die Trainerin bereits gearbeitet. Nachdem sie 2013 für eineinhalb Jahre die Frauenfußball-Nationalmannschaft von Katar betreute, trainiert sie seit 2021 die Frauen-Nationalelf in Saudi-Arabien.
Frau Staab, wie kam es dazu, dass Sie schon in so vielen Ländern Frauenteams trainiert haben?
Ich werde entsandt, wenn Länder sich zum Beispiel beim Weltverband FIFA melden, weil sie die Entwicklung im Frauenfußball fördern wollen. Sie wollen Expertinnen und Experten vor Ort haben, die ihnen helfen, Strukturen zu organisieren, Ziele zu formulieren und den Frauenfußball zu vermarkten.
Welche besonderen Fähigkeiten brauchen Sie als Trainerin, um weltweit zu arbeiten?
Steh- und Durchhaltevermögen, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit. Man muss ein bisschen verrückt sein, um im Frauenfußball zu arbeiten. Denn wir bekommen nicht dieselbe Anerkennung wie die Männer. Es ist sehr viel Idealismus gefragt. Ich kann nur den Funken versprühen, das Feuer müssen die Frauen selbst entfachen.
Was treibt Sie an?
In Deutschland haben wir lange für die Anerkennung des Frauenfußballs in der Gesellschaft gekämpft. Ich habe am eigenen Leib erlebt, wie es sich anfühlt, wenn man seiner Leidenschaft nicht nachgehen darf. Als Elfjährige durfte ich in Deutschland nicht spielen. Der Deutsche Fußball Bund hat das damals untersagt. In Deutschland haben wir viele Jahre gebraucht, um uns durchzusetzen und die Anerkennung zu bekommen, die uns zusteht.
So ist es auch im arabischen Raum. Die Mentalität und die kulturellen Barrieren sind anders als in Deutschland. Doch immer mehr Frauen möchten Fußball spielen. Das hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass der Frauenfußball international immer mehr Unterstützung bekommt.
Meine Mission ist es, den Frauenfußball weiter zu entwickeln, Mädchen und Frauen die Möglichkeit zu geben, Fußball zu spielen. Deshalb habe ich auch schon sehr viel für Nichtregierungsorganisationen gearbeitet, zum Beispiel in Flüchtlingslagern in Syrien.
Aktuell trainieren Sie die saudische Frauenfußball-Nationalmannschaft. Welche Erfolge konnten Sie bereits feiern?
In Saudi-Arabien haben wir bereits unglaublich viel erreicht. Wir haben eine erste und zweite Liga mit insgesamt 25 Mannschaften aufgebaut, drei Regionaltrainingscenter geschaffen. Gerade bauen wir eine U17-Nationalmannschaft auf. Die Frauennationalmannschaft von Saudi-Arabien spielt mittlerweile auch internationale Spiele, zum Beispiel gegen Pakistan oder Mauritius.
Es ist enorm, welche Anerkennung der Frauenfußball in der Gesellschaft dort erfährt. Egal wo ich bin, werde ich erkannt. Ich bin mittlerweile so was wie ein kleiner Popstar in Saudi-Arabien. Ich frage mich immer wieder, wie das sein kann bei 33 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Frauenfußball ist jedenfalls gekommen, um zu bleiben. Es gibt ein Fundament, Ziele und tolle Visionen.
Deshalb hat sich Saudi-Arabien auch darum beworben, 2026 die AFC Championships der Frauen auszutragen, also die Asienmeisterschaft. Das wäre ein toller Erfolg für das Land.
Kann Fußball dazu beitragen, Frauen zu stärken?
Durch Fußball können Mädchen und Frauen Selbstvertrauen gewinnen. Der Sport kann ihnen auch helfen, ihren Selbstwert zu erkennen. In vielen Ländern ist es ein Problem, dass Frauen und Mädchen nicht als Teil der Gesellschaft anerkannt werden. Dabei ist es so wichtig, dass Frauen politisch Einfluss nehmen. Ich möchte ihnen auch durch den Fußball das Gefühl geben, dass sie ein wichtiger Teil der Gemeinschaft sind.
In über 15 Jahren habe ich deshalb meine Expertise schon in 86 Ländern weitergegeben. Ich möchte Mädchen und Frauen die Anerkennung geben, die sie brauchen, aber vor allem die seriöse Unterstützung.
Wie unterstützt Deutschland den internationalen Frauenfußball?
Man kann natürlich immer mehr tun, aber mit dem Auswärtigen Amt habe ich bereits ganz tolle Projekte umgesetzt, zum Beispiel in Gambia, wo ich die Frauennationalmannschaft mit aufgebaut habe. Für mich ist es wichtig, dass Deutschland andere Länder auch bei der sportlichen Weiterentwicklung für Frauen unterstützt.
Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen in Ihrer Trainerkarriere besonders in Erinnerung geblieben ist?
In Flüchtlingsunterkünften habe ich Mädchen getroffen, die verkauft wurden und traumatisiert zurückkehrten. An solche Mädchen kommt man manchmal mit Worten gar nicht mehr heran. Aber dann nimmst du einen Ball, spielst mit ihnen und sie vergessen für einen Augenblick, was sie erlebt haben und können sogar wieder lächeln. Ich habe dann zwar nicht die Welt verändert, aber ihnen für einen kurzen Moment wieder ein Gefühl des Glücks gegeben. Solche Erlebnisse treiben mich an.