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Bürgerkrieg und Flucht im Roman

Deutsch ist nicht seine Muttersprache, doch er gehört zu Deutschlands besten Schriftstellern. Saša Stanišic floh vor dem Bürgerkieg in Bosnien nach Deutschland.

Sarah Kanning, 28.12.2015

Saša Stanišić

Die richtige Sprache, der richtige Ton.

Ein Eis in der Hand, den Blick auf die Heidelberger Schlossruine, Schokoladengeschmack im Mund – so beschreibt Saša Stanišić seine erste Erinnerung an Deutschland. „Mit den Waffeln in der Hand spazierten wir neben einem Fluss, der wie alles namenlos war: die Straßen, die Gebäude, die Farben. Wir verstanden niemanden.“ Geboren 1978 in Višegrad, einer Kleinstadt im östlichen Bosnien, wuchs Stanišić als Sohn einer bosnischen Muslimin und eines Serben auf. Nach der Besetzung von Višegrad im Bosnienkrieg floh die Familie 1992 nach Deutschland.

Obwohl Deutsch nicht seine Muttersprache ist, zählt Saša Stanišić zu den erfolgreichsten Schriftstellern des Landes. „Meine ersten Gedichte habe ich in der Schule geschrieben“, sagt er. Ein Lehrer korrigierte sie; Saša Stanišić lernte Deutsch – und wäre fast selbst Lehrer geworden. Während des ­Studiums am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig fand er den Ton für seine Geschichten aus Bosnien und von der Flucht – den Themen seiner Werke. Sein Debüt „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ ist keine Autobiografie, hat aber den Bürgerkrieg, die Flucht und den Neuanfang in Deutschland zum Thema. Das Buch war für den Deutschen Buchpreis nominiert, ist heute in 31 Sprachen übersetzt. Mit „Vor dem Fest“ gewann Stanišić 2014 den Preis der Leipziger Buchmesse. Hier spürt er den Gemeinsamkeiten von Bosnien und der Uckermark nach.

In der aktuellen Fluchtdebatte würde Stanišić sich mehr Offenheit wünschen. Er selbst sei in Deutschland vielen Menschen begegnet, die ohne viel ­Aufhebens bereit waren zu helfen, sagt er. ▪