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Was wir begehren

Offenheit beim Sex, Treue in der Partnerschaft: Der Wissenschaftsjournalist Christoph Drösser über das Liebesleben der Deutschen.

Interview: Johannes Göbel, 27.06.2021
Anziehungskraft: Die Deutschen finden vieles attraktiv
Anziehungskraft: Die Deutschen finden vieles attraktiv © kumpol shuansakul/EyeEm - stock.adobe.com

Herr Drösser, Sie beschäftigen sich als Wissenschaftsjournalist unter anderem mit dem Liebes- und Sexleben der Deutschen und haben 2017 das Buch „Wir Deutschen und die Liebe“ herausgegeben. Auf welche besonderen Ergebnisse sind Sie gestoßen?
Das Klischee von den verklemmten Deutschen hat sich jedenfalls nicht bestätigt. Vielmehr zeigt sich, dass die Deutschen im Sexleben sehr viel ausprobieren und für verschiedene Praktiken offen sind. Interessanter finde ich aber, wie tolerant sie gegenüber anderen sind. Die vorherrschende Einstellung ist: Was erwachsene Menschen einvernehmlich tun, ist deren Privatsache und zu tolerieren. Da gibt es keinen moralischen Zeigefinger, auch nicht bei kontroversen Themen wie Prostitution oder Pornografie.

Christoph Drösser: auffallende Akzeptanz festgestellt
Christoph Drösser: auffallende Akzeptanz festgestellt © Liesa Johannssen

Wie wird Homosexualität in Deutschland gesehen?
Homosexualität wird von einer großen Mehrheit rundum akzeptiert. Was mich aber ehrlich gesagt überrascht hat, sind die sehr hohen Zustimmungswerte für die Ehe für alle, die wir 2017 für unser Buch mit einer umfangreichen Datenanalyse erheben konnten. 63 Prozent waren schon damals für die völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. Das ist bemerkenswert, bedenkt man die langen politischen Diskussionen, die der Einführung der Ehe für alle vorausgegangen sind. Auch konnten wir schon seinerzeit 59 Prozent Zustimmung für das Adoptionsrecht für Homosexuelle ermitteln.

Viele Ihrer Untersuchungsergebnisse weisen auf Vielfalt und Wandel in den Liebesbeziehungen der Deutschen hin. Gibt es eine Konstante?
Ja, die Vorstellungen von Partnerschaft, ganz gleich in welcher Beziehungsform, sind immer noch recht konservativ. Es dominiert ein Idealbild, dass man möglichst mit einem Partner zusammenlebt, treu ist – und ein Seitensprung bedeutet eine schwere Krise. Selbst Singles sagen zum Großteil, sie wünschten sich einen Partner zum gemeinsam alt werden. Übrigens sind die Männer stärker auf Bindungen fixiert als die Frauen. Während diese eher bereit sind, eine Beziehung zu beenden, klammern die Männer stärker.

© www.deutschland.de

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