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Der Herr der Ringe

Der Aachener Bauingenieur Hermann Tilke hat fast die Hälfte aller aktuellen Formel-1-Strecken entworfen.

11.07.2014
picture-alliance/ASA - Hermann Tilke
picture-alliance/ASA - Hermann Tilke © picture-alliance/ASA - Hermann Tilke

Es beginnt mit einer riesigen Carrera-Rennbahn, die sich Hermann Tilke als Kind mit seinen Brüdern teilt. Während des Studiums zum Bauingenieur fährt er Tourenwagen- und Langstreckenrennen. Kaum selbständig, kommt der erste Auftrag – vom Nürburgring. Für ein Honorar von 600 D-Mark baut er einen kleinen Rettungsweg um. Von da an ist sein Weg vorgezeichnet. Tilke entwirft den A1-Ring in Österreich und den Sachsenring in Deutschland. 1999 kommt mit dem Sepang International Circuit in Malaysia der internationale Durchbruch. Seitdem hat Tilke fast alle neuen Strecken der Formel 1 gebaut. Er ist der „Herr der Ringe“. Knapp die Hälfte der Strecken der Formel-1-Saison 2014 stammt aus seiner Feder – von der ersten Zeichnung bis zur „Schlüsselübergabe“. Mit seinem Partner Peter Wahl beschäftigt der Aachener Bauingenieur heute weltweit mehr als 350 Ingenieure und Architekten.

Auch Sonnenstand und Windrichtung müssen beachtet werden

Wie muss man sich seinen Job vorstellen? „Zunächst suchen wir in dem Land, wo der Kurs entstehen soll, ein Grundstück in Stadtnähe“, sagt Tilke. „Weil dies riesengroß sein muss, bekommen wir aber häufig nur, was sonst keiner haben will – wie in China ein Sumpfgebiet.“ Das macht die Sache nicht einfacher. In Shanghai mussten erst einmal Tausende Pfähle in den Boden gerammt werden, auf die eine riesige Plattform aus Styropor aufgebracht wurde. In Bahrain dagegen fand Tilke eine Steinwüste vor. „Jahrtausende alter Sand, extrem hart gepresst. Wir mussten für jede Erdbewegung sprengen.“ In die Planung fließen aber auch vermeintlich nebensächliche Dinge wie die Windrichtung oder der Sonnenstand ein. „Sie haben immer das Boxengebäude gegenüber der Haupttribüne und sie können die Leute bei der Startzeit um 14 Uhr nicht gegen die Sonne gucken lassen“, sagt Partner Peter Wahl. „Aber auch die Windrichtung spielt eine Rolle. Denn in der Wüste muss natürlich verhindert werden, dass die Strecke einsandet und dadurch rutschig wird.“

Nach den Vorbereitungen geht es an die eigentliche Aufgabe, die Streckenplanung. „Am Anfang werden Start und Ziel festgelegt“, sagt Tilke. „Wenn wir ein schwieriges Gelände mit Höhenunterschieden vorfinden wie in der Türkei, dann nehmen wir auch mal Fäden und stecken die Strecke ab. Die Modelle werden im Team diskutiert, verändert und schließlich abfotografiert und in den Rechner gegeben. Dort werden sie auf die technische Machbarkeit hin überprüft und weiterbearbeitet.“ Die Herausforderung liegt darin, Kurvenkombinationen zu schaffen, die die Fahrer zu Fehlern verleiten. Denn ohne Fehler wird der Motorsport langweilig. Steht der Streckenverlauf fest, schlägt wieder Tilkes Stunde. Regelmäßig fährt er die Strecke ab. Das beginnt nach dem Abstecken in einem Geländewagen und endet kurz vor der Übergabe mit einem Sportwagen.

 

Formel 1-Rennen am 20. Juli 2014 in Hockenheim

 

www.tilke.de

 

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