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Die Richtung stimmt

IEA-Chefin Marie van der Hoeven bescheinigt der Energiewende gute Noten.

20.03.2014
© Florence Jamart - Maria Van der Hoeven

Frau van der Hoeven, die Internationale Energieagentur (IEA) wurde vor 40 Jahren gegründet, um Strategien gegen die damalige Ölkrise zu entwickeln. Die Energiewende in Deutschland müsste da eigentlich gut ins Konzept passen . . .

Die IEA wurde als Antwort auf die Ölkrise 1973/74 gegründet und zielte darauf, Länder in die Lage zu versetzen, auf größere Unterbrechungen bei der Ölversorgung gemeinsam zu reagieren. Das ist nach wie vor ein Schlüsselaspekt unserer Arbeit, doch die IEA hat sich weiterentwickelt. Wir stehen heute als Thinktank im Zentrum des globalen Energiedialogs und stellen maßgebliche Statistiken, Analysen und Empfehlungen bereit. In diesem Zusammenhang haben wir uns auch intensiv mit der deutschen Energiewende beschäftigt, insbesondere bei unserer Prüfung der deutschen Energiepolitik im Jahr 2013. Viele der 28 IEA-Mitgliedsländer zeigen Interesse an der Energiewende und wie sie sich in Zukunft gestalten wird.

Im Mai 2013 hat die IEA Deutschland in einem Länderreport für seinen Weg zur „weltweit energieeffizientesten und umweltfreundlichsten Wirtschaft“ ausdrücklich gelobt, aber auch etliche Ratschläge gegeben.

Ja, das stimmt. In unserem Bericht haben wir das umfassende Engagement Deutschlands, langfristig ein kohlenstoffarmes Energiesystem zu entwickeln, gewürdigt. Dies schließt die umfassende Energiestrategie ebenso ausdrücklich mit ein wie die ambitionierte Entwicklung Erneuerbarer Energien und die Pläne für mehr Energieeffizienz. Zugleich hat sich der Bericht mit künftigen Risiken und Herausforderungen beschäftigt. Insbesondere wurde dabei die Tatsache beleuchtet, dass die Strompreise für die deutschen Endverbraucher trotz der relativ niedrigen Großhandelspreise zu den höchsten in Europa zählen. Das muss als ein Warnsignal dienen. Wenn die Glaubwürdigkeit der Energiewende erhalten bleiben soll, müssen die Kosten für das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und der Umlage-Verteilerschlüssel nach Verbrauchergruppen erneut auf den Prüfstand. Ich freue mich daher, dass gut sechs Monate nach Erscheinen unseres Berichts die deutsche Bundesregierung klargestellt hat, dass sie Reformen ausarbeiten will.

Die internationale Wahrnehmung der Energiewende reicht von Verwunderung bis Anerkennung. Was muss Deutschland Ihrer Meinung nach im internationalen Kontext noch besser machen?

Wir sagen in unserem Bericht, dass Deutschland innerhalb der vorhandenen europäischen Mechanismen eine strukturelle Zusammenarbeit auf regionaler Ebene anstreben solle, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen – zu einem angemessenen Preis und unter Berücksichtigung spezifischer meteorologischer Bedingungen. Zudem haben in Deutschland getroffene Entscheidungen unweigerlich Auswirkungen weit über die Landesgrenzen hinaus und sollten im breiteren Zusammenhang der europäischen energiepolitischen Rahmenbedingungen und in enger Absprache mit den Nachbarländern getroffen werden.

Die neue Bundesregierung hat zwischenzeitlich ein Konzept für eine weitere Reform des EEG entwickelt. Es sieht im Kern einen geringeren Ausbau und geringere Vergütungen vor. Ist das das richtige Signal?

Angesichts der steigenden Strompreise für die Endverbraucher lag unser Hauptaugenmerk natürlich auf dem EEG. Ganz klar ergaben sich Probleme aus dem ungebremsten Leistungswachstum aus Fotovoltaikanlagen und der Umlage der diesbezüglichen Kosten. Wir glauben, es ist wesentlich, die Höhe der Subventionen dem technologiespezifischen Fortschritt anzupassen. Insofern begrüße ich das im Januar 2014 vorgelegte Konzept „Eckpunkte für die Reform des EEG“, bei dem das Erreichen langfristiger Ziele weiterhin im Vordergrund steht. Ebenso begrüße ich auch die Ausweitung des sogenannten „atmenden Deckels“ auf die Windenergie und die Erprobung und Einführung von Ausschreibungsmodellen anstelle von Einspeisetarifen. Die Einführung marktorientierter Mechanismen ist ein Schritt in die richtige Richtung. ▪

Interview: Martin Orth

MARIA VAN DER HOEVEN

Die frühere niederländische Ministerin ist seit 2011 Exekutivdirektorin der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris. Die IEA versteht sich als Kooperationsplattform im Bereich der Erforschung, Entwicklung, Markteinführung und Anwendung von Energietechnologien; ihr gehören 28 Staaten an. Die jährlich erscheinenden „Key Energy Statistics“ und der „World Energy Outlook“ gelten weltweit als wichtigste Publikationen.

www.iea.org