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Einig oder uneinig?

Für was streiten verschiedene Generationen im Bundestag? Fragen an einen der ältesten und eine der jüngsten Abgeordneten.

Interview: Maren van Treel, 30.12.2021
Herbert Wollmann und Merle Spellerberg sind seit 2021 Abgeordnete im Bundestag.
Herbert Wollmann und Merle Spellerberg sind seit 2021 Abgeordnete im Bundestag. © photothek.net / Luise Schmiedichen

Herbert Wollmann (70, SPD) ist einer der zehn ältesten Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestags. Merle Spellerberg (25, Bündnis 90/Die Grünen) eine der zehn jüngsten. Ein Gespräch über verschiedene Generationen und ihre Anliegen in der Politik.

Was sind die großen Themen Ihrer Generation?
Wollmann: Die großen Themen sind die Sicherung der Rente, die Klimakrise und das Gesundheitswesen. Die Klimakrise ist ein generationsübergreifendes Thema. Ich bin in den Bundestag gekommen, weil das die größte Herausforderung der nächsten vier bis acht Jahre ist. Die Menschen erwarten von uns Politikern, dass wir das angehen.

Spellerberg: Die großen Themen meiner Generation sind die Klimakrise und Gerechtigkeit, auch global gedacht. Es geht sowohl um soziale Gerechtigkeit als auch um den Kampf gegen Rassismus, gegen Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus. Generationengerechtigkeit spielt auch eine Rolle, aber es hilft uns beispielsweise nicht um jeden Preis zu sparen, damit künftige Generationen keine Schulden übernehmen, denn darunter leidet unsere Infrastruktur. Klimagerechtigkeit hängt ja auch mit Generationengerechtigkeit zusammen. Dass die Erde in ihrem aktuellen Zustand ist, liegt an den herrschenden Klassen der Industrienationen früherer Generationen.

 

 

Welche Chancen sehen Sie, dafür in dieser Legislaturperiode etwas zu bewirken?
Wollmann: In der Rentenpolitik sehe ich gute Chancen, etwas zu bewirken, auch mit Blick auf das, was dazu im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung steht. Was die Klimakrise angeht: Eigentlich ist es auf Bundesebene gar nicht so kompliziert, Lösungen zu finden, aber es hapert momentan an der Genehmigung bestimmter Maßnahmen. Gegen die Trassen, die Strom von Nord nach Süd bringen sollen, gibt es beispielsweise Widerstand auf kommunaler Ebene. Wenn sich das lange hinzieht, ist das Rennen gegen die Klimakrise verloren.

Spellerberg: Ich sehe große Chancen, etwas zu bewirken, zum Beispiel für eine menschenrechtsbasierte, eine feministische Außenpolitik. Man darf Wirtschaft und Klima nicht als Gegensätze verstehen, sondern zusammendenken. Und man muss diese Themen auch auf internationaler Ebene angehen.

Wie sehen Sie die großen Themen der jeweils anderen Generation und wie finden sie zusammen?
Wollmann: Typische Generationenkonflikte sehe ich nicht. Es ist zwar kein vorrangiges Thema, ich würde mich aber auch nicht dagegen sperren, das Wahlalter für Bundestagswahlen auf 16 Jahre zu senken. Die Bewegung „Fridays for Future“ hat dafür gesorgt, dass die Dringlichkeit der Klimakrise nun stärker im Fokus der Öffentlichkeit steht. Das, was die jungen Menschen da fordern, kann man in einer Demokratie aber nicht sofort umsetzen. Man muss Mehrheiten finden und diejenigen im Auge behalten, die unter Maßnahmen vielleicht leiden würden.

Spellerberg: Wir haben jetzt die Chance, auf dem aufzubauen, wofür Generationen vor uns gekämpft haben. Den Kampf für Klimaschutz gibt es nicht erst seit „Fridays for Future“. Toleranz und Feminismus sind auch Themen, die Generationen vereinen können. Die großen Konfliktlinien verlaufen nicht zwischen verschiedenen Generationen. Allerdings sollten wir beispielsweise bei der Außenpolitik nicht in Denkmuster verfallen, die frühere Generationen aus dem Kalten Krieg kennen. Wir müssen multilateral denken.

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