Im Auftrag der Pressefreiheit
Medienfreiheit weltweit fördern: Das ist die Aufgabe der Deutschen Welle Akademie. Ihr Direktor Carsten von Nahmen erklärt, wieso das so wichtig ist.
Herr von Nahmen, wie lautet der Auftrag der DW Akademie?
Unsere Kernaufgabe ist die Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Medien- und Meinungsfreiheit. So wie die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit Brunnen bohrt und die Nahrungsmittelversorgung verbessert, versuchen wir, funktionierende Mediensysteme zu etablieren beziehungsweise deren Entstehung zu unterstützen. Wir wollen Medienfreiheit und unabhängigen Journalismus auf der ganzen Welt fördern. Dafür arbeiten wir mit lokalen Partnern zusammen und analysieren die Lage im Land – wo hakt es, was sind die Ansatzpunkte, welche potentiellen Partner gibt es, mit denen wir zusammenarbeiten können? Dabei achten wir vor allem auf Nachhaltigkeit. Wir möchten keine Systeme aufbauen, die wieder zusammenbrechen, wenn wir das Land verlassen.
In welchen Ländern arbeitet die Akademie?
Wir sind insgesamt in rund 50 Ländern aktiv, wobei wir die Hälfte der Länder als Fokusländer bezeichnen würden. Da haben wir in der Regel auch ständig eigenes Personal vor Ort. Entweder Menschen, die wir entsendet haben, oder lokale Mitarbeiter.
Wie sieht Ihre Arbeit in den Ländern aus?
Wir versuchen vor allem fünf Handlungsfelder abzudecken: Zum einen die Aus- und Weiterbildung von Journalistinnen und Journalisten. Außerdem das relativ neue Gebiet der digitalen Rechte – dazu gehört, wie man mit Cybermobbing umgeht und welche Rechte wir in der digitalen Sphäre haben oder jedenfalls haben sollten. Das geht über in das dritte Aufgabengebiet, die Weiterbildung in Informations- und Medienkompetenz. Dieses Feld richtet sich eher an die Medienkonsumenten, vor allem junge Leute: Wie kann ich mit Informationen umgehen? Wie erkenne ich "Fake News"? Wie kann ich mich sinnvoll an kritischen Diskussionen beteiligen?
Das vierte Feld bezieht sich auf die Geschäftsmodelle von Medienorganisationen. Gemeinsam mit unseren Partnern überlegen wir, wie man Geschäftsmodelle entwickeln kann, damit Medienhäuser unabhängig arbeiten können, ohne auf staatliche Hilfen oder reiche Sponsoren angewiesen zu sein.
Ein weiteres wichtiges Gebiet, auf dem wir uns bewegen, ist die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen. Dadurch entstehen Netzwerke, die über die Arbeit der Medien hinaus den Dialog in der Gesellschaft fördern. Wie können wir Probleme oder Konflikte innerhalb der Gesellschaft lösen und welche Rolle können die Medien dabei spielen?
Was sind die größten Probleme, mit denen Journalisten aktuell weltweit konfrontiert sind?
In den vergangenen zehn Jahren ist die Pressefreiheit weltweit deutlich zurückgegangen. Und zwar nicht nur in Ländern, die vorher schon eher autoritär regiert waren, sondern auch tatsächlich in Staaten, bei denen wir dachten, sie seien fest im liberalen und aufgeklärten Spektrum verankert. Wir sehen das in Ländern wie Brasilien oder der Türkei, aber auch in Staaten wie den USA oder Ungarn.
Das Phänomen der "Fake News" und die Vorwürfe gegen eine angebliche „Lügenpresse“ spielen dabei eine ganz wesentliche Rolle. In vielen Ländern erschaffen Regierungen alternative Realitäten, in denen Meinungen oder offensichtliche Unwahrheiten als Fakten präsentiert werden. Alles, was nicht in diese Vorstellungswelt passt, wird ausgeblendet und geleugnet. Das erschwert die Arbeit von Journalisten natürlich enorm.
Was hat es mit ihrer aktuellen Aktion „Medien und Corona – Fighting the infodemic“ auf sich?
Das ist eine Reaktion auf die Corona-Krise und die Erkenntnis, dass Fake News vor allem in Krisensituationen an Einfluss gewinnen. Neben der Corona-Epidemie sehen wir auch eine Pandemie der Falschinformationen. Das reicht von falschen Nachrichten über das Kurieren einer Krankheit, bis hin zur Benennung von vermeintlich Schuldigen, wie wir es zum Beispiel in unserem Fokusland Ghana erlebt haben: Dort wurden teilweise nicht-afrikanische Menschen angegriffen, weil ihnen vorgeworfen wurde, das Virus ins Land gebracht zu haben.“
Außerdem mussten viele unserer Partner in der Pandemie ihren Betrieb an die neuen Gegebenheiten anpassen. Die wirtschaftliche Lage von Medienhäusern verschlechtert sich, Menschen werden arbeitslos und es wird keine Werbung mehr geschaltet. Wie geht man damit um? Wie können sich unabhängige Qualitätsmedien über Wasser halten?
Warum ist es gerade jetzt so wichtig, dass sich Deutschland weltweit für mehr Medienkompetenz und eine kritische Medienbildung einsetzt?
Die lokalen Medien schützen die Bevölkerung zum einen vor Fake News und verbreiten zum anderen wichtige Informationen zur aktuellen Krise. Regionale Medien kennen die Situation im Land und haben eine entsprechende Glaubwürdigkeit. So können sie lebenswichtige Verhaltensinformationen viel besser dorthin bringen, wo sie wirklich benötigt werden.
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