Elektromobilität für Afrika
In Ländern wie Ruanda oder Uganda werden Ideen für die Energiewende getestet. Zwei deutsch-afrikanische Projekte, die die Umwelt schonen und den Menschen den Alltag erleichtern.
Ein E-Traktor für Ruanda
Noch ist nur ein Prototyp im Einsatz, doch bald sollen fünf E-Traktoren Bäuerinnen und Bauern in Ruanda bei ihrer Arbeit helfen. Die Maschinen sind Teil des Projekts „GenFarm“, mit dem der deutsche Automobilkonzern Volkswagen (VW) ein soziales und ökologisch nachhaltiges Geschäftsmodell für Subsahara-Afrika schaffen will. Aus der VW Group Innovation, die für alle Marken des Konzerns neue Produkte entwickelt, kam die Idee für den durch Solarstrom angetriebenen Traktor. VW Südafrika und VW Ruanda sind ebenfalls beteiligt. Der Autobauer aus dem norddeutschen Wolfsburg hat auch in diesen Ländern Niederlassungen. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird es durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt. Dadurch erhielt die Nationale Universität von Ruanda die finanziellen Mittel, um es wissenschaftlich zu begleiten.
Landwirtschaft produktiver machen
„In den ländlichen Gebieten Ruandas herrscht große Armut. Daher ist Ernährungssicherung ein wichtiges Thema“, sagt Projektmanagerin Andrea Denzinger von der GIZ. Es gehe darum, wie Produktivität in der Landwirtschaft gesteigert werden kann – ohne dem Klima zu schaden. Die Ernte reiche oft nicht aus, um die Menschen gut zu versorgen; und die Bevölkerung auf dem afrikanischen Kontinent wächst.
Für eine erste Phase hat VW in Deutschland einen Dieseltraktor zu einem E-Traktor umgebaut und nach Ruanda geschickt. Auf dem Gelände des Rwanda Institute for Conservation Agriculture (RICA) wird er noch immer von Studierenden sowie von Dozentinnen und Dozenten getestet. Sie erforschen, wie viel Energie er bei welchen Arbeiten verbraucht. Der E-Traktor kommt zum Beispiel bei der Bearbeitung von Böden zum Einsatz, aber auch bei der Bewässerung oder für den Transport anderer Maschinen. Wie lange die Batterie hält, sei davon abhängig, für welche Aufgaben man den Traktor nutze, sagt Denzinger. Wenn die Batterie leer ist, bedeutet das aber nicht, dass man lange warten muss, denn der Traktor hat eine Wechselbatterie. Neben den Tests wurden Landwirte zu ihren Anforderungen befragt. Die Studien zeigen, dass die Neugier auf die modernen Traktoren groß ist.
Traktor-Sharing für Bäuerinnen und Bauern
Nun steht die zweite Phase des Projekts an: der Praxistest. VW produziert dafür fünf E-Traktoren. Diese Einzelstücke sollen nach Gashora geliefert werden. Dort sollen die Maschinen nach einem Sharing-Modell von mehreren Bäuerinnen und Bauern genutzt werden. Zudem soll ein sogenanntes Empowerment-Hub mit einer Solaranlage und einem Energiespeicher errichtet werden. Hier sollen nicht nur die E-Traktoren Platz finden, sondern etwa auch E-Mopeds und andere Gewerbe. Ruanda macht den Anfang, in Zukunft könnte es aber auch in anderen afrikanischen Ländern E-Traktoren geben.
Mit dem E-Bike Wasser holen
Ein robustes E-Bike, das lange hält und mit Ersatzteilen von lokalen Märkten repariert werden kann: Dieses Ziel hat sich der von Jürgen Perschon gegründete Verein European Institute for Sustainable Transport (EURIST) mit Sitz in Hamburg und Kampala für Afrika gesetzt. Zusammen mit der First African Bicycle Information Organisation (FABIO) Uganda und EBIKES4AFRICA will er mit dem sogenannten Africrooze einen Beitrag für eine nachhaltige Mobilität auf dem Kontinent leisten. Um die ersten 100 Räder zu produzieren und sie ab 2017 in Uganda zu testen, wurde das Projekt von der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie durch Spenden unterstützt. Heute befinden sich fast 180 Africroozes in Uganda, die unterschiedlich genutzt werden. Die meisten von ihnen in Jinja, im Südosten des Landes.
Krankentransporte mit dem E-Bike
„Unser Fahrrad soll Mobilitätsprobleme lösen“, sagt Christof Hertel, geschäftsführender Vorstand von EURIST. Die Nutzenden werden von FABIO ausgewählt. Bevorzugt werden etwa Personen, die bisher noch gar kein Fahrrad haben. Die Africroozes werden unter anderem für Krankentransporte genutzt. Für den Transport von Wasser oder anderen Lasten kann man sie ebenfalls anpassen. Aber auch als Taxis oder Lieferräder sind sie unterwegs. Das Projekt finanziert sich aus Spenden und Fördermitteln. Der deutsche Schauspieler Bjarne Mädel unterstützt die Africroozes als Botschafter.
Hergestellt werden die Einzelteile für die Räder von Hero Cycles in Indien, den Zusammenbau übernimmt FABIO. „Uganda steht im Fokus“, sagt Hertel. Es sei jedoch geplant, das Projekt auf weitere Länder auszudehnen. Auch weitere E-Bike-Service-Center sind geplant. Dort soll man die Räder mit Solarenergie oder Strom aus einer lokalen Wassermühle aufladen können. Die Center sollen zudem Bike-Sharing-Stationen sein.
Auch Frauen nutzen das Rad gerne, berichtet Joy Kawanguzi, Geschäftsführerin bei FABIO. Für sie liegt ein Vorteil darin, dass es emissionsfrei ist. Kawanguzi sagt allerdings auch: „Es muss ein klarer rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der eine Senkung der hohen Steuern einschließt, die auf das Fahrrad erhoben werden, was es für Einheimische sehr teuer macht.“ Außerdem seien Ersatzteile in Afrika knapp. Um das Projekt weiter voranzubringen, hat der Verein EURIST inzwischen die Africrooze GmbH gegründet.