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„Wir müssen die Arbeit von Museen öffnen“

Der Deutsch-Italiener Gabriel Zuchtriegel, Leiter der UNESCO-Welterbestätte Pompeji, über kulturellen Austausch und interaktive Museumsarbeit. 

Johannes_GöbelInterview: Johannes Göbel , 28.07.2023
Gabriel Zuchtriegel in Pompeji: „Den Menschen eine Stimme geben.“
Gabriel Zuchtriegel in Pompeji: „Den Menschen eine Stimme geben.“ © picture alliance/dpa

Herr Dr. Zuchtriegel, vor Kurzem haben Sie ihr Buch „Vom Zauber des Untergangs – Was Pompeji über uns erzählt“ veröffentlicht. Was verbindet das antike Pompeji mit unserer Gegenwart?
Jede Generation hat ihren eigenen Blick auf die Antike, den sie sich in der Auseinandersetzung mit dieser Epoche erarbeitet. Heute sehen wir, dass immer noch viel zu tun ist, um die Arbeit von Museen und Archäologie für möglichst viele Menschen zu öffnen und zugänglich zu machen – und entsprechend vielschichtig auch vom Leben der Menschen in der Antike zu erzählen. Bisher wurde der Blick noch zu oft auf eine vor allem männliche Elite der antiken griechischen und römischen Kulturen gelegt. Was aber ist zum Beispiel mit den 80 Prozent der Bevölkerung Pompejis, die nicht zu dieser Elite gehörten und noch nicht im Fokus der Forschung und Darstellung sind? 

Wie muss sich die Arbeit an Stätten wie Pompeji wandeln, um in dieser Hinsicht offener zu werden?
Aktuell arbeiten wir zum Beispiel an einer Ausstellung mit dem Arbeitstitel „Das andere Pompeji – Gewöhnliche Lebensläufe im Schatten des Vesuvs“, um vielschichtig auf die Lebensumstände in der Antike zu blicken. Grundsätzlich ist es wichtig, dass wir die Antike nicht länger im Vergleich mit anderen Kulturen überhöhen; das haben auch die Debatten des Postkolonialismus der vergangenen Jahre gezeigt. Zudem muss die Arbeit von Museen und archäologischen Parks interaktiver werden. Das war zu lange eine Einbahnstraße. Es geht auch darum, den Menschen, die zu uns kommen, eine Stimme zu geben. 

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Nach Pompeji kommen Besucher aus aller Welt. Wie international ist Ihre Arbeit?
Sehr international, wir arbeiten hier mit Teams aus zahlreichen Ländern zusammen. In den letzten Jahren haben wir ein jährliches Workshop-Format eingeführt, bei dem die Forscherinnen und Forscher sich gegenseitig ihre Arbeit vorstellen. So wird deutlich, mit was für unterschiedlichen Perspektiven, Methoden und Fragen sie nach Pompeji kommen. Auch für mich persönlich ist internationaler Austausch keine theoretische Frage. Ich habe schon früh grenzüberschreitend gearbeitet, mit Erasmus studiert und als Deutscher auch die italienische Staatsbürgerschaft angenommen. Die europäische Einigung hat in den vergangenen Jahrzehnten viel bewirkt; das ist uns manchmal gar nicht so bewusst. 

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