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Geschichte Teil 4: Enge Verbindungen, laute Proteste

Jeans und Coca-Cola, Anti-Vietnam-Demos und Kalter Krieg: Amerika ist Leitbild einer Generation und löst trotzdem auch Kritik aus.

Klaus Lüber, 02.10.2018
Checkpoint Charlie
Der ehemalige Checkpoint Charlie in Berlin © zodebala/Getty Images

Die junge Bundesrepublik  wird immer wichtiger für die USA – auch aus geostrategischen Gründen. Den entscheidenden Impuls gibt der Ausbruch des Koreakrieges im Sommer 1950. Nach dem Einmarsch des kommunistischen Nordkoreas in den Süden fürchten viele, die Sowjetunion könnte auf die Idee kommen, in Europa zu expandieren. Also investieren die USA massiv in die Sicherheit Westdeutschlands – als Bollwerk gegen die empfundene Bedrohung aus dem Osten.

Wirtschaftswunder und neue Exportstärke

In der Bundesrepublik löst der Koreakrieg einen Wirtschaftsboom aus. Durch die Währungsreform 1948 und gestärkt durch die Konjunkturhilfen des Marshallplans sind deutsche Unternehmen wieder handlungsfähig und in den globalen Handel eingebunden. Deutschland darf keine Waffen exportieren, aber die westdeutschen Firmen bekommen die Gelegenheit in großem Stil in den Investitions- und Konsumgüterhandel einzusteigen. Deutschland kommt wirtschaftlich wieder auf die Beine. Zwischen 1950 und 1960 steigt der Index des Bruttosozialprodukts von 100 auf 215. Die Wirtschaft wächst im Durchschnitt um beeindruckende 7,6 Prozent jedes Jahr. Plötzlich spielt Deutschland mit im internationalen Handel, zieht Kapital an, entwickelt Exportstärke. Für den Kriegsverlierer ist der Aufschwung ein Wirtschaftswunder.

VW-Käfer-Produktion in Wolfsburg
Wirtschaftswunder: Produktion des VW-Käfers in Wolfsburg © dpa

Jeans und Rock´n´roll – die neue Lässigkeit

Die transatlantische Partnerschaft zwischen der Bundesrepublik und den USA wird immer enger, auch kulturell: Amerika wird zum Leitbild einer ganzen Generation. Zunächst die „Halbstarken“ der Arbeiterklasse, dann auch die Teenager der Mittelschicht lieben die Insignien des American Way of Life: Jeans und Lässigkeit, Rock´n´roll und Coca-Cola, James Dean und Marlon Brando. Amerika, das steht für die Zukunft, die Moderne, die Konsumkultur, für Leichtigkeit und Coolness.

Elvis Presley
Der King in Deutschland: Elvis Presley war 1958 in Friedberg, Hessen, stationiert. © Popperfoto/Getty Images

„Ich bin ein Berliner“

Ein Höhepunkt der deutsch-amerikanischen Freundschaft ist der Besuch von Präsident John F. Kennedy im Juni 1963. Die Menschen in Deutschland bereiten dem charismatischen Politiker einen herzlichen und begeisterten Empfang. Zum Jahrestag der Luftbrücke spricht Kennedy in Berlin die legendären Worte: „Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger Berlins, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner.“ Der US-Präsident garantiert die Freiheit Berlins gegen den Kommunismus – die Bevölkerung feiert ihn.

John F. Kennedy in Deutschland
Warmer Empfang: John F. Kennedy (l.) mit Willy Brandt (Mitte) und Konrad Adenauer in Berlin. © dpa

Andere Lebenswirklichkeit im Osten

Eine andere Erfahrung machen die Menschen im Ostteil Deutschlands, der unter dem Einfluss der Sowjetunion stehenden DDR. Als neue Schutzmacht für Freiheitsrechte sind den USA in Osteuropa die Hände gebunden, ein Nuklearkrieg hängt wie ein Damoklesschwert über dem Kontinent. Weder beim Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 noch bei der Revolution in Ungarn 1956 können die USA reagieren. Spätestens mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wird der Kampf gegen westliche Kultureinflüsse zu einem wichtigen strategischen Ziel des Ostens.

Protestbewegung und Entspannungspolitik

Der Krieg der USA in Vietnam ändert das Verhältnis Westdeutschlands zu den USA. In den USA selbst entsteht in den 1960er-Jahren eine Protestbewegung, die sich schnell in Europa verbreitet. Auch in der Bundesrepublik sehen viele die US-Außenpolitik zunehmend kritisch, gibt es Demonstrationen und antiamerikanische Kundgebungen. Der in Kalifornien entstehenden Hippie-Bewegung schließen sich auch viele Junge in Deutschland an: Flower-Power, eine antiautoritäre Grundhaltung, die Befreiung von bürgerlichen Zwängen und Konsumkritik prägen eine ganze Generation. Die 1968er stellen die Geopolitik des Kalten Krieges  grundsätzlich infrage. Öffentlichkeit, demokratische Partizipation, individuelle Freiheitsrechte, all das soll neu definiert werden.

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Die Zeichen stehen auf Wandel Ende der 1960er-Jahre, auch in der Politik. Warum sollte man den Kalten Krieg immer weiter eskalieren lassen, wenn am Ende das nukleare Inferno droht? Unter dem Slogan „Wandel durch Annäherung“ entscheidet sich die Bundesrepublik unter Bundeskanzler Willy Brandt dafür, die Ostpolitik neu auszurichten. Sein Kniefall vor dem Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos in Warschau im Winter 1970 wird zum Symbol für eine Politik der Entspannung.