„Wir sind Teil dieser Gesellschaft“
Anas Modamani floh aus Syrien nach Deutschland. Sein Selfie mit Angela Merkel machte ihn berühmt – das große Glück aber fand er mit einer anderen Frau.

„Als ich aus Syrien floh, war ich erst 17 Jahre alt. Meine Eltern waren Gegner des Assad-Regimes und fürchteten, dass ich zum Militär eingezogen und mein Leben verlieren würde. Sie gaben mir ihr gesamtes Erspartes – umgerechnet rund 3.000 Euro. Über Beirut und die Türkei kam ich mit einem Boot nach Griechenland, dann über die Balkanroute nach Deutschland. Kurz nach meiner Ankunft begegnete ich in einem Berliner Flüchtlingsheim Angela Merkel. Ich machte ein Selfie mit ihr – das Foto ging viral, deshalb kennen mich viele Menschen.
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Einverständniserklärung öffnenOft werde ich gefragt, ob das der wichtigste Tag meines Lebens war. Für mich war das eher der Tag, an dem ich Anna traf.
Ich studierte zu der Zeit Medien- und Wirtschaftskommunikation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Kommilitonen hatten ein Pizzaessen organisiert. Ich sah sie und sprach sie sofort an. Anna kommt aus Kyjiw in der Ukraine und war für ein Maschinenbaustudium nach Berlin gezogen.
Wir trafen uns zu einer Zeit, in der mir das Studium schwerfiel. Mein Deutsch war noch nicht gut genug, ich hatte Sorge, die Prüfungen nicht zu bestehen und belegte zusätzlich Sprachkurse an der Uni. Anna und ich saßen viele Monate gemeinsam in der Bibliothek, meist acht Stunden am Stück. Immer wenn ich aufgeben wollte, motivierte sie mich wieder. Ohne sie hätte ich das Studium nicht geschafft.
Dann begann 2022 der Krieg in der Ukraine. Als russische Truppen Kyjiw angriffen, konnte ich Anna beistehen. Ich wusste, wie es sich anfühlt, wenn das Leben von einem Tag auf den anderen zerbricht und die Familie bedroht ist. Ich lenkte Anna von den Nachrichten weg, wir gingen viel raus, nahmen an Anti-Kriegs-Demos teil.
Dankbar, in einem Land ohne Krieg zu leben
Heute bin ich dankbar, in einem Land ohne Krieg zu leben. Nach meinem Studium habe ich einen Platz an der Berliner Journalistenschule bekommen. Ich arbeite heute als Videojournalist bei der Deutschen Welle – für mich ein Traumberuf. Ich habe auch einen eigenen TikTok-Kanal. Dort erzähle ich Geschichten von syrischen Menschen in Berlin – Busfahrer, Köche, Postangestellte. Ich will zeigen, dass wir mehr sind als Geflüchtete, dass wir Teil dieser Gesellschaft sind.
2024, nach dem Sturz von Assad, reiste ich erstmals zurück nach Syrien. Natürlich vermisse ich meine Mutter, die Wärme meiner Heimat, das lebendige Damaskus. Doch meine Zukunft liegt hier in Berlin. Anna und ich sind verlobt, sie arbeitet inzwischen als Ingenieurin. Wir wünschen uns, dass unsere Kinder in Berlin aufwachsen.“