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Der Wert der Heimat

Die Soziologin Jutta Allmendinger erklärt, welche Werte die Menschen in Deutschland verbinden und was ihnen „Heimat“ bedeutet.

23.07.2019
Soziologin Jutta Allmendinger
Soziologin Jutta Allmendinger © Boris Schaarschmidt

Frau Professor Allmendinger, Sie haben in der Vermächtnisstudie erforscht, was Deutschen wichtig ist und was sie an nachfolgende Generationen weitergeben möchten. Wie wichtig ist „Heimat“ in diesem Gefüge?

Den meisten Menschen in Deutschland ist das „Wir-Gefühl“ sehr wichtig. Das „Wir“ steht für die Interaktion mit anderen, für Vertrauen und Solidarität. Andere starke Werte und Normen, etwa „auf die eigene Gesundheit achten“ und „eine Familie gründen“, sind eine Voraussetzung, um das „Wir“ erfahren zu dürfen. Auch Heimat findet sich in unserer Liste sehr weit oben. Es ist ein Konzept, das stark mit dem „Wir“ verbunden ist.

Heimat“ hat viele Facetten. Womit verbinden Deutsche den Begriff am ehesten?

Wir haben 15 verschiedene Vorstellungen von Heimat untersucht. Am stärksten ist die Zustimmung bei Konzepten, die für Wohlfühlen stehen. Die große Mehrheit der Befragten sieht Heimat als Ort, an dem man sich geborgen fühlt, an dem die Familie lebt, an dem man jetzt wohnt und an dem man seine Freunde hat. Des Weiteren finden wir einen territorial-nationalistischen Faktor. Befragte, für die er wichtig ist, nennen als ihre Heimat Deutschland oder den Ort, wo die eigene Sprache gesprochen wird oder an dem man ein Grundstück oder Haus besitzt. Ein dritter Faktor ist eine gemeinsame Kultur oder Religion. Keine Heimat bietet hingegen die virtuelle Welt: Nur zwei Prozent der Befragten geben an, dass sie Heimat „im Internet“ finden.

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Sie sind in Ihrer Laufbahn weit herumgekommen. Wo haben Sie Heimat gefühlt, wo haben Sie Heimat vermisst?

Am wichtigsten ist, dass ich immer freiwillig in die Welt hinausgezogen bin. Ich wurde nicht gezwungen, es gab keine Notlagen. Das führt dazu, dass ich viele Heimaten in mir trage, sie mitnehmen kann, neue Heimaten bilde und versuche, alle Heimaten in mir zu bewahren und gut zu schützen. Natürlich bin ich ab und an auch heimatlos oder fühle mich allein. Dann fehlt die Nähe zu Personen und Orten. Doch nur so findet man neue Heimaten. Ohne meine vielen alten hätte ich nie den Mut, neue zu suchen und die Gelegenheit, diese auch zu finden.

Prof. Dr. Jutta Allmendinger ist Soziologin und Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB).

Interview: Martin Orth

© www.deutschland.de

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