Als Konfliktlöser unterwegs
Sie sind Vermittler, Wahlbeobachter oder Aufbauhelfer: Wie zivile Fachkräfte zum Erfolg von Friedensmissionen beitragen.
Deutschland. Mit dem Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) hat Deutschland ein wegweisendes Modell für den Einsatz von Zivilpersonal in internationalen Konflikten etabliert. ZIF-Sprecherin Wanda Hummel über die Aufgaben und Ziele der zivilen Expertinnen und Experten in Friedenseinsätzen.
Was sind die Schwerpunkte des ZIF?
Das ZIF ist Entsendeorganisation und Kompetenzzentrum für Friedenseinsätze. Es bietet Personalmanagement, Training, Beratung und politische Analyse unter einem Dach. Herzstück der Arbeit ist die Entsendung ziviler Fachkräfte für Einsätze der EU, OSZE, UN und NATO. Wir kümmern uns um Vorbereitung, Auswahl und Betreuung der Expertinnen und Experten. Außerdem sind wir Ansprechpartner und Begleiter der deutschen Wahlbeobachter für die OSZE und die EU.
Warum ist es wichtig, bei internationalen Friedensmissionen nicht nur militärische Unterstützung zu leisten, sondern auch zivile Kräfte zu entsenden?
Das Militär ist bei der Eindämmung von Konflikten wichtig, um Sicherheit herzustellen. Doch die Konfliktursachen bleiben oft bestehen: politische Spannungen, gesellschaftliche Ausgrenzung, eine brachliegende Wirtschaft, kaum funktionierende staatliche Strukturen. Frieden schaffen bedeutet nicht nur, einen Waffenstillstand zu erreichen, sondern den Konflikt zu lösen. Dazu muss man beispielsweise mit allen Konfliktparteien über politische Teilhabe verhandeln, Aussöhnungsprozesse einleiten oder die Handlungsfähigkeit von Verwaltung und Justiz wiederherstellen. Daher sind die meisten Friedenseinsätze multidimensional aufgestellt: Militär, Polizei und Zivilpersonal gemeinsam für den Friedensprozess.
Zudem können zivile Fachkräfte neue Auseinandersetzungen verhindern, indem sie vor Ort gesellschaftliche Prozesse begleiten, Personal ausbilden, ehemalige Kämpfer beim Wiedereinstieg in ein ziviles Leben unterstützen oder die parlamentarische Arbeit fördern.
In wie vielen Ländern sind Deutsche aktuell über das ZIF in Friedenseinsätzen aktiv?
Der Personalpool des ZIF umfasst rund 1.500 zivile Experten und Expertinnen. Etwa 200 von ihnen sind derzeit in Friedenseinsätzen von UN, EU, OSZE oder NATO tätig. Es gibt Friedensmissionen in 50 Ländern – von einem kleinen Büro zur Parlamentsunterstützung bis hin zu einem großen Einsatz mit knapp 20.000 Blauhelmen in der Demokratischen Republik Kongo.
Weltkarte Friedensmissionen 2017/2018 (PDF)
Was zeichnet die Menschen aus, die sich in Friedensmissionen engagieren?
Sie sind meist Spezialisten auf einem Fachgebiet, die interkulturelle Erfahrung haben und in einem internationalen Umfeld tätig sein möchten – ob als Richterin, Logistiker, Finanzexperte oder in der politischen Analyse. Sie sind bereit, unter schwierigen Bedingungen zu leben und zu arbeiten. Sie wissen, dass ihre Arbeit nicht ungefährlich ist, aber in kleinen Schritten zur Veränderung beitragen kann. Viele sind auch Idealisten, die ihren Beitrag zu einer gerechteren und friedlicheren Welt leisten möchten.
Ist das Konzept des ZIF weltweit einmalig?
Als das ZIF 2002 von Bundesregierung und Bundestag gegründet wurde, war es weltweit ein Modellprojekt, weil es erstmals alle zivile Expertise über Friedenseinsätze unter einem Dach bündelte. Mittlerweile gibt es in einigen Ländern Partnerinstitute, etwa in Schweden und in Finnland.
Interview: Tanja Zech