Tomatenernte dank Sonnenenergie
In Benin leben mehr als 70 Prozent der Menschen von der Landwirtschaft. Erneuerbare Energien – eingesetzt mit Unterstützung aus Deutschland – steigern die Ernte und erleichtern die Arbeit.
Die Luft ist trocken und staubig, hier im Norden Benins, die Sonne hinter den Wolken kaum zu sehen. Der Harmattan weht, ein von der Sahara kommender Nordostwind. Die Temperaturen fallen nachts unter 20 Grad Celsius. Geregnet hat es schon seit Monaten nicht mehr, der Boden ist vielerorts knochenhart. Auf den Feldern der Farm „Alafia Wanru“ in Mareborou steht dennoch eine Tomatenpflanze neben der nächsten. Auf 30 Hektar Pachtfläche wird hier Benins beliebtestes und wichtigstes Gemüse angebaut.
Viele rote, reife Früchte sind Ende Januar jedoch nicht zu sehen. Für den Anbau von Tomaten, die viel Wasser benötigen, ist es nicht die passende Zeit. Trotzdem sagt Estache W. Adje, technischer Leiter der Farm: „1750 Kilo ernten wir durchschnittlich pro Tag.“ Er nickt zufrieden. Gut 100 Meter von dem 25-Jährigen entfernt bringen drei Frauen volle Eimer zu der blauen Waage. Dort stehen bereits fünf große, geflochtene Körbe, jeder 35 Kilo schwer, bereit zum Transport auf den Markt. Dort bringt einer aktuell umgerechnet zwischen 7,60 Euro und gut 9 Euro. Möglich machen den Tomatenanbau außerhalb der Saison vier solarbetriebene Pumpen und ein Bewässerungssystem. Adje geht in die Knie und zeigt einen schwarzen Schlauch mit winzigen Löchern. So werden alle Sträucher hier mit Wasser versorgt. Für alle, die hier Tomaten anbauen – Farmer können einen oder mehrere Hektar pachten und zahlen zehn bis 20 Prozent der Ernte –, ist das eine große Errungenschaft.
Auch Adje, der seit 2018 für die Farm arbeitet, erinnert sich gut, wie mühsam und teuer der Anbau zuvor war. Er deutet auf einen Punkt in der Ferne: „Dort liegt der Brunnen.“ Er ist das Herzstück der Farm. Um aber Wasser zu pumpen, war bisher ein Dieselgenerator notwendig. „Ein Mitarbeiter kam morgens sehr zeitig, stellte ihn an und musste regelmäßig kontrollieren, ob alles funktionierte.“ Acht Stunden am Stück musste der Generator laufen und verschlang enorme Summen für Diesel. „An manchen Tagen haben wir mehr als 70.000 CFA-Francs bezahlt“, erinnert sich Adje. Die umgerechnet knapp 110 Euro sind mehr, als der Monatsverdienst einer Putzkraft oder eines Tagelöhners. Natürlich war die Farm ständig auf Diesellieferungen angewiesen. Da es bei Diesel mitunter Versorgungsengpässe gibt, führte das zu weiteren Problemen. Kurz: „Es war überhaupt nicht rentabel“, fasst der technische Leiter zusammen.
Landwirtschaft geht ohne Diesel
Dass sich Landwirtschaft auch anders betreiben lässt, machten schließlich Nachbarn vor, sie ließen für eine Fläche von wenigen Hektar Solarpaneele für ihr Bewässerungssystem installieren. Für die Leute von „Alafia Wanru“ war klar: Das System funktioniert und kann auch im großen Stil umgesetzt werden. Der Kontakt zu der 2002 gegründeten Firma BRCE entstand. Sie hat ihr Büro in Parakou, der drittgrößten Stadt Benins, die gut knapp sieben Autostunden von der Hafenmetropole Cotonou entfernt liegt. Viele Solarfirmen haben dort ihren Hauptsitz. BRCE arbeitet im ganzen Norden des Landes und bietet neben der Installation mit Sonnenenergie betriebener Pumpen auch den Verkauf kompletter Solarkits an.
Zu den kleinen Sets gehören ein Sonnenkollektor, eine Batterie, Kabel und Fassungen für mehrere Lampen. Damit lässt sich Licht in Dörfer bringen, die nicht ans Stromnetz angebunden sind. 2019 galt das nach Schätzung der Weltbank für knapp 60 Prozent der Bevölkerung – 7,8 der etwa 13 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Benins. Trotz aller Bemühungen der Regierung und internationaler Geber ist Strom auch heute in ländlichen Regionen keine Selbstverständlichkeit.
Weniger Stromausfälle
Auch in Parakou fällt immer wieder der Strom aus, erzählt Mohamed Amine Sidi, Direktor von BRCE. „An manchen Tagen sogar mehrmals. Dann platzen Termine, weil wir nicht rechtzeitig da sind und das ärgert wiederum unsere Kunden.“ Das war die Motivation für das Unternehmen, seit 2018 Solarsysteme anzubieten. Vor allem zu Anfang war es aber allein mit der Installation nicht getan: „Wir mussten viel Überzeugungsarbeit leisten. Heute kennen 80 Prozent der Menschen die Bedeutung der erneuerbaren Energie.“ Besonders wichtig sei, dass die Erträge die Anschaffungskosten zügig decken und Pumpen, Paneele und Batterien eine lange Lebensdauer haben.
Zurück auf der Farm „Alafia Wanru“, die auch Mouhamed Awali Djibril regelmäßig besucht. Bei BRCE ist er für erneuerbare Energien verantwortlich und steht mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in engem Kontakt. Die GIZ arbeitet seit 1978 in Benin, derzeit mit mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zu den Arbeitsfeldern gehören die Bereiche gute Regierungsführung, Schutz der Umwelt und natürlicher Ressourcen sowie Ausbildung und nachhaltiges Wachstum.
Ein GIZ-Vorhaben ist die „Grüne Bürgerenergie“, das ländliche Regionen dezentral mit erneuerbaren Energien versorgen soll. Auch BRCE wird finanziell unterstützt. Zudem haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Coachings erhalten, um einen Geschäftsplan zu erarbeiten und Kunden besser über die Vorteile der Solarenergie zu beraten. Mit einer generellen Sensibilisierung der Bevölkerung ist die nicht staatliche Organisation Energy 4 Impact beauftragt, die Messen und Informationsveranstaltungen organisiert. Djibril erlebt schließlich oft: Die Akzeptanz der erneuerbaren Energien und die Bereitschaft zu investieren steigen, wenn die Menschen gut informiert werden und die Wartung der Anlagen funktioniert. Die Anschaffungskosten liegen pro Pumpe mit Kollektor schließlich bei umgerechnet 3800 bis 4500 Euro. Muss ein Brunnen gebohrt werden, fallen mindestens weitere 1500 Euro an. Für Estache W. Adje ist es eine Investition, die sich schnell auszahlt.
Auf jeden Fall liegt in der Arbeit in der Landwirtschaft Benins Gegenwart: Ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts wird auf Feldern und in Gärten erwirtschaftet, mehr als 70 Prozent der Menschen arbeiten dort. Der Markt für Obst und Gemüse wächst stetig – und besonders der für Tomaten. Das sagt auch Djibril: „Tomaten sind die wichtigste Zutat in der beninischen Küche. Sie dürfen in keinem Gericht fehlen.“
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