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Revolution in der Produktion

Mit deutscher Hilfe soll in Afrika eine eigene Impfstoffproduktion aufgebaut werden.

Wolfgang Drechsler, 28.09.2021
Das Institut Pasteur de Dakar in Senegal
Das Institut Pasteur de Dakar in Senegal © dpa

Das Vorhaben sei eine „Initialzündung im Kampf gegen die Pandemie in Afrika“ und eine „Impfstoffoffensive“, sagte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller im Juni 2021. Tatsächlich soll ein neues Kapitel in der Zusammenarbeit aufgeschlagen werden: Mit deutscher Unterstützung soll in Afrika eine eigene Impfstoffproduktion entstehen. 

Das Coronavirus hat auch in den Staaten Afrikas großen Schaden angerichtet. Umso besorgniserregender ist für Experten, dass die Menschen noch immer weitgehend ungeschützt sind – und dadurch eine womöglich gefährliche Mutationen des Virus erleichtert wird. Mit weitreichenden Folgen für den Kontinent und auch globalen Verlauf der Pandemie. Gegenwärtig sind weniger als vier Prozent der afrikanischen Bevölkerung vollständig geimpft. Und bis zum Jahresende dürften es nach Ansicht von Ann Fortin vom Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Afrika auch nur maximal 17 Prozent der ursprünglich angestrebten 40 Prozent sein. Statt der zugesagten 620 Millionen Impfdosen wird der Kontinent von der Covax-Initiative der WHO, die sich um eine gerechtere Verteilung des Impfstoffs bemüht, ein Viertel weniger erhalten.

Eigene Versorgung mit Impfstoffen

Bislang ist Afrika fast vollständig auf Impfstoffe aus Nordamerika, Europa und Asien angewiesen. Nur ein Prozent der in Afrika verabreichten Impfstoffe werden dort auch hergestellt.

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Genau das soll sich mit der von Deutschland unterstützen „Impfstoffoffensive“ nun ändern. Mehrere afrikanische Länder wollen die Produktion von Impfstoffen gegen Corona, aber auch Krankheiten wie Tuberkulose, Cholera oder Gelbfieber vorantreiben. So hat das bereits seit Jahren an der Impfstoffproduktion beteiligte Institut Pasteur de Dakar (IPD) im westafrikanischen Senegal im Juni 2021 von Deutschland eine Anschubfinanzierung von 20 Millionen Euro erhalten. In der ersten Phase ist dabei das Abfüllen von Impfstoffen ab April 2022 geplant. Parallel dazu soll unter anderem mit Hilfe der European Investment Bank der Aufbau einer Produktionsanlage für bis zu 300 Millionen Covid-Impfdosen pro Jahr forciert werden, die ab 2022 in Lizenz hergestellt werden sollen.

Deutsch-senegalesische Zusammenarbeit

Bereits zuvor hatte es eine lose Zusammenarbeit Deutschlands mit dem IPD gegeben. So unterstützt die Bundesregierung dort seit 2020 die Entwicklung und Produktion von Covid-19-Schnelltests, die das Institut unter anderem zusammen mit dem senegalesischen Unternehmen Diatropix sowie der britischen Biotech-Firma Mologic auf den Markt bringen will. Schnelle, einfache und vergleichsweise günstige Tests sind in Afrika von großer Bedeutung. Daneben gab es bereits eine Kooperation bei der Produktion eines Impfstoffs gegen Gelbfieber. Auch sollen am IPD künftig Laborkräfte zum schnellen Diagnostizieren des Coronavirus ausgebildet werden.

John Nkengasong, Direktor des Africa Centres for Disease Control and Prevention, sieht viel Potenzial beim Aufbau afrikanischer Produktionskapazitäten. Er ist überzeugt, dass der afrikanische Impfstoffmarkt schon bis 2030 von derzeit 1,3 Milliarden Dollar auf 2,4 Milliarden Dollar wachsen könne. Ähnlich zuversichtlich ist die Afrikanische Union: In 20 Jahren sollen bis zu 60 Prozent der in Afrika benötigten Impfstoffe aus eigener Produktion stammen.

Eine eigene Produktion in Afrika plant auch der deutsche Impfstoffhersteller Biontech. Man prüfe dazu den Aufbau nachhaltiger Produktionsmöglichkeiten in Ruanda und Senegal, teilte das Unternehmen im August 2021 mit. „Unser Ziel ist es, in Afrika Impfstoffe zu entwickeln und nachhaltige Produktionskapazitäten für Impfstoffe aufzubauen, um gemeinsam die medizinische Versorgung zu verbessern“, sagte Vorstandschef Uğur Şahin. Biontechs Technologie könnte auch über Covid-19 hinaus angewandt werden, so Şahin. Biontech forsche bereits an Impfstoffen gegen Tuberkulose, Malaria und HIV. „Es gibt keine Garantie, dass diese Projekte erfolgreich sein werden“, sagte Şahin. „Aber wir müssen auf Erfolg vorbereitet sein.“ Mit der Errichtung der ersten Produktionsanlagen solle im Laufe des Jahres 2022 begonnen werden.

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