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In Deutschland eine neue Heimat gefunden

Sie mussten Syrien wegen des Bürgerkriegs verlassen: Fünf Geflüchtete erzählen, wie sie in Deutschland eine neue Heimat und Freunde gefunden haben.

Kim Berg, 25.07.2019
Ali versteht sich gut mit Hilde, der Oma seiner Freundin.
Ali versteht sich gut mit Hilde, der Oma seiner Freundin. © privat

Spannende Gespräche mit der deutschen Oma

„Ich habe schnell Freunde in Deutschland gefunden, die mir besonders in meiner Anfangszeit hier sehr geholfen haben. Seitdem ich in einer Demokratie lebe fühle ich mich sehr wohl, weil ich die Freiheiten, die ich hier habe, nie zuvor erleben durfte. Natürlich gab es auch ein paar Schwierigkeiten, vor allem am Anfang habe ich mich oft sehr einsam gefühlt. Aber ich kann mich eigentlich nicht beklagen. Ich habe den Krieg überlebt und darf nun in Deutschland wohnen. Dafür wollte ich der Gesellschaft etwas zurückgeben und mache seit einem Jahr Bundesfreiwilligendienst an einer Förderschule. Danach möchte ich gerne weiter Informatik studieren. In Syrien habe ich hab bereits drei Semester an der Damaskus Universität studiert.

Seit einem Jahr habe ich auch eine deutsche Freundin. Ihre Oma Hilde ist 85 Jahre alt und hat den Zweiten Weltkrieg in Deutschland miterlebt. Ich besuche sie oft, weil wir viele Gemeinsamkeiten haben. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier einen Menschen treffe, mit dem ich über den Zweiten Weltkrieg sprechen kann. Den kannte ich bisher nur aus Büchern oder Filmen.“

Ein Brief an alle Deutschen

„Im Oktober 2017 habe ich angefangen Elektrotechnik zu studieren. Das hat mir sehr geholfen neue Kontakte zu knüpfen. Mittlerweile fühle ich mich nicht mehr wie ein Ausländer, sondern wie jeder andere Student.

Trotzdem habe ich oft das Gefühl, dass sich einige Deutsche Sorgen machen, seit so viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Deshalb hab ich das Projekt „Trau dich, Deutschland“ initiiert. Ich möchte mit Deutschen über ihre und auch meine Ängste sprechen. Deshalb habe ich einen offenen Brief an alle Deutschen geschrieben und ihnen die Geschichte meiner Flucht aus Syrien erzählt. Über Facebook hat der Brief 65.000 Menschen erreicht, die fast alle positiv reagiert haben. Danach lud mich eine Initiative zu einem Vortrag in die internationale Jugendbegegnungsstätte Kreisau in Polen ein, die einen polnisch-griechisch-deutschen Schüleraustausch organisiert. Seitdem besuche ich regelmäßig Schulklassen und erzähle den Kindern von meiner Flucht.

Ich bin mir sicher, dass miteinander reden hilft, die Ängste vor Unbekanntem abzubauen. Man muss nur offen sein und andere Menschen akzeptieren, dann funktioniert das Zusammenleben viel einfacher.“

Hoffnung auf eine bessere Zukunft

„Wir kamen in der Weihnachtszeit nach Deutschland. Das war wirklich schön. Alles war geschmückt, überall hingen Lichter und standen Weihnachtsbäume. Am Anfang hatte ich Probleme, Anschluss zu finden, aber das hat sich geändert. Seit zwei Semestern mache ich meinen Master in Intercultural Communication and European Studies an der Universität in Fulda. Zusätzlich unterrichte ich Business-Englisch an der Wirtschaftsfakultät und gebe Englischunterricht in einem Verein. Dadurch habe ich viele neue Leute kennengelernt, darunter aber leider nur wenige Deutsche. Ich denke das liegt vor allem daran, dass wir in einer Kleinstadt wohnen, in der die Menschen noch ziemlich konservativ sind. Deshalb würden wir gerne in eine größer Stadt umziehen.

Mein Mann und ich hoffen, dass unser Sohn und unsere Tochter hier in Deutschland eine bessere Zukunft haben als in Syrien. Es gibt hier so viel mehr Möglichkeiten als in meinem Heimatland. Nach dem Studium möchte ich in Deutschland arbeiten, mehr Leute kennenlernen und mein Deutsch verbessern.“

Spannender Neuanfang in der Schule

„Die ersten Monate in Deutschland waren besonders spannend. Alles war so neu. Nur in der Schule gab es anfangs kleinere Probleme, vor allem im Schwimmunterricht. Wir sind zwar nicht religiös, aber der kulturelle Unterschied war am Anfang schon relativ groß. Mittlerweile habe ich mich gut eingelebt. Mir gefällt vor allem die Schule und auch das politische System. Allerdings würde ich gerne in eine größere Stadt ziehen.“

Tolle Unterstützung beim Einleben

„Im ersten Jahr viel es mir deshalb sehr schwer in Deutschland, weil ich eigentlich zu meiner Schwester in Wien wollte, was aber nicht möglich war. Mittlerweile bin ich froh, nicht nach Wien gegangen zu sein, denn ich habe keine Lust mehr auf das Leben in großen Städten. In Fulda genieße ich die Ruhe und die Natur.

Dass ich mich so gut eingelebt habe, hat vor allem mit einer Frau zu tun, die mich am Anfang sehr unterstützt hat. Sie half mir, Deutsch zu lernen und erklärte mir die deutschen Gepflogenheiten. Ich hatte ja keine Ahnung von der deutschen Etikette und musste alles neu lernen. Yvonne und ihr Freund sind ein wichtiger Teil meines Lebens geworden. Durch sie fühle ich mich hier richtig heimisch. Denn Heimat bedeutet für mich vor allem der Ort, an dem ich Freunde habe.“

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