Neuseeland und Deutschland erleben
Arbeiten und das Land entdecken: Anne-Sophie, Marius und Daniel haben Neuseeland und Deutschland mit einem Working-Holiday-Visum bereist.
Seit dem Jahr 2000 unterhalten Deutschland und Neuseeland ein bilaterales „Working Holiday“-Programm. Junge Menschen unter 30 Jahren können damit ein Jahr lang Ferienjobs am jeweils anderen Ende der Welt annehmen und dabei das Gastland kennenlernen. Wir haben mit drei von ihnen gesprochen.
Die Reiseblogger Anne-Sophie Luck und ihr Mann Marius aus Deutschland sind Ende April 2023 von einer einjährigen Weltreise zurückgekehrt. Neuseeland war die letzte Station. Auf ihrer Website geben die beiden Tipps.
„Auf unserer Weltreise haben wir viele tolle Länder gesehen, aber Neuseeland war das absolute Highlight! Dabei wollten wir eigentlich von Australien weiter nach Südamerika reisen. Ein anderer Traveller hat uns aber so inspirierend von Neuseeland erzählt, dass wir unsere Pläne spontan geändert haben. Das Working-Holiday-Visum für Neuseeland konnten wir in Australien online beantragen und bekamen es innerhalb einer Woche. In dieser Zeit haben wir schon über Internetplattformen Jobs gesucht und uns mit potenziellen Arbeitgebern ausgetauscht. Arbeit auf einer Farm zu finden war sehr einfach. Es ist auch ganz unkompliziert, ein Konto zu eröffnen und eine Steuernummer zu beantragen.
Im Januar und Februar haben wir auf der Nordinsel Erdbeeren gepflückt – sechs Tage die Woche, zehn bis zwölf Stunden am Tag. Das war eine unserer härtesten Erfahrungen überhaupt! Auf dem Feld ist man allen Wetterlagen ausgesetzt, von großer Hitze bis zu starken Regenfällen. Die Bezahlung war dafür noch gerade so angemessen. Was wirklich Spaß gemacht hat, war die Gemeinschaft mit den anderen Erntehelferinnen und Erntehelfern, unter ihnen viele aus Südamerika und Asien. Abends in der Unterkunft haben wir zusammen gekocht, gefeiert und Spieleabende veranstaltet. Aber nach sieben Wochen auf den Erdbeerfeldern waren wir körperlich und psychisch völlig fertig und haben gekündigt.
Nach einer Erholungspause sind wir zu unserer Rundtour über die Nordinsel aufgebrochen. Natürlich haben wir die beliebteste Tageswanderung in Neuseeland gemacht, die durch die Krater- und Seenlandschaft am Mount Ngauruho führt, dem Schicksalsberg aus der „Herr der Ringe“-Filmreihe. Wir haben auch die Spellbound-Höhle mit Tausenden von blauschimmernden Glühwürmchen an der Decke besichtigt. Und wir waren drei Tage im Geothermalgebiet Roturua, wo es überall nach Schwefel riecht, qualmt und blubbert. Auch auf der Südinsel mit ihren spektakulären Fjorden, Gletschern und Seen haben wir eine Rundtour gemacht und sind sehr viel gewandert. In einigen Wochen kann man die schönsten Orte Neuseelands kennenlernen.
Mit der Weltreise haben wir das Reisen zu unserem Beruf gemacht. Zurzeit wohnen wir in Leiden und hüten das Haus einer niederländischen Familie. In den nächsten Jahren wollen wir Europa besser kennenlernen, wir haben noch viele Ziele auf der Liste! Auch in Deutschland gibt es für Reisende viel zu entdecken: natürlich Berlin, aber auch Landschaften wie die Saarschleife, den Harz, Oberbayern oder das Elbsandsteingebirge. Vor allem im Sommer gibt es viele Gelegenheitsjobs, etwa in der Tourismusbranche oder auf Bauernhöfen.“
Daniel Glover ist Neuseeländer und lebt seit drei Jahren in Deutschland. Der Schritt nach Europa gelang ihm dank eines Working-Holiday-Visums. Inzwischen hat er ein reguläres Arbeitsvisum und ist ein Fan von Land und Leuten geworden.
„Das Interesse für Deutschland hat die Liebe bei mir geweckt: Meine Partnerin kommt aus Deutschland. Wir haben uns in Neuseeland kennengelernt und haben uns dann eine Zeitlang gegenseitig besucht, bevor ich mich für das Working-Holiday-Visum entschieden habe. Der Arbeitsmarkt war damals ausgesprochen gut in Deutschland und ich wollte unbedingt Auslandserfahrung sammeln. Deutschland erschien mir stabil und sicher, ein Staat, der gut auf einen achtet, und eine gute Gesundheitsversorgung hat. Das Working-Holiday-Visum zu beantragen, war einfach. Ich konnte das meiste online erledigen.
Eigentlich wollte ich während meiner Zeit in Europa mal etwas ganz anderes machen – in einer Bar arbeiten oder so. In Neuseeland war ich als IT-Angestellter tätig. Doch dann fand ich über LinkedIn einen Job bei einer größeren Firma und später einen weiteren bei einer Marketingagentur im Pharmabereich. Ich bin einfach auf Leute zugegangen und das hat geklappt: Die Deutschen scheinen die offene Art der Kiwis zu mögen. Außerdem war ich sehr flexibel. Mein erster Job war in Frankfurt, obwohl meine Partnerin und ich damals in Lüneburg lebten – eine Entfernung von fast 500 Kilometern. Doch mit der Deutschen Bahn bin ich einfach Montagmorgen mit dem Sechs-Uhr-Zug nach Frankfurt gefahren und am Freitagnachmittag wieder zurück. Überhaupt ist alles per Zug sehr gut erreichbar. Ich habe schon viele Orte in Europa auf diese Weise bereist. Einmal sind wir zum Mittagessen nach Belgien gefahren.
In Deutschland sind meine Lieblingsstädte Köln, Hamburg, wo ich heute lebe, und Bremen, wo die Familie meiner Partnerin herkommt. Auch Frankfurt ist netter als sein Ruf.
Insgesamt komme ich mit den Deutschen sehr gut klar. Man lernt zwar nicht so schnell neue Leute kennen wie in Neuseeland, aber dafür sind die Freundschaften letztendlich enger. Ansonsten liebe ich, wie geschichtsträchtig viele der Orte sind und auch beim Essen habe ich inzwischen Vorlieben: Das Brot schmeckt mir besonders gut, ich liebe Marzipantorte und mit einem Schnitzel oder einer Schweinshaxe kann man nichts falsch machen. Außerdem finde ich gut, dass es inzwischen so viele vegetarische Optionen gibt. Insgesamt ist das Essen in Deutschland qualitativ gut und deutlich billiger als in Neuseeland. Beim Einkaufen teste ich auch mein Deutsch. Man kommt zwar überall gut mit Englisch durch, aber ich möchte doch besser Deutsch lernen und nicht nur ,Danke‘ und ,Auf Wiedersehen‘ sagen können.“