Zum Hauptinhalt springen

Ein Netzwerker der Hilfe

Seit 2006 arbeitet Jackson Nabaala für die Welthungerhilfe. Im Libanon, Syrien und der Türkei sucht er nach Lösungen in komplexen Konflikten.

Kim BergKim Berg, 25.03.2024
Jackson Nabaala arbeitete für die Welthungerhilfe in der Türkei.
Jackson Nabaala arbeitete für die Welthungerhilfe in der Türkei. © Mahmoud Albasha_Welthungerhilfe

Sie leben internationale Vernetzung: Wir stellen Menschen vor, die für Deutschlands Partnerschaften weltweit stehen. Denn globale Aufgaben lassen sich nur gemeinsam bewältigen.

Gerade einmal fünf Monate war Jackson Nabaala als Landesdirektor für die Deutsche Welthungerhilfe in Libanon, Syrien und der Türkei tätig, als am 6. Februar 2023 die Erde bebte. Kurz nachdem Nabaala aus seinem Haus in der Türkei geflohen war, erreichten ihn Anrufe von Kollegen aus dem gesamten Land. Viele hatten ihr Zuhause verloren und standen mit ihren Familien auf der Straße. Es war kalt und die Menschen suchten nach sicheren Unterkünften. Einige hatten Kinder, Großeltern oder kranke Familienmitglieder bei sich. 

„Ich fand mich in einer Situation wieder, in der ich vorher noch nie war. Viele meiner Mitarbeiter, die normalerweise Hilfen verteilten, waren nun auf Hilfe angewiesen“, erzählt Nabaala. Das erschwerte die Arbeit der Organisation. Um Zelte, Kleidung und Nahrungsmittel zu verteilen, war Nabaala in den Tagen nach dem Beben rund um die Uhr im Einsatz. Er reiste durch das Katastrophengebiet, schlief und arbeitete im Auto. Das Erdbeben hat seinen Blick auf das Leben verändert. „Diese Nacht hat mir gezeigt, dass jeder Mensch in Situation geraten kann, in der er auf Hilfe angewiesen ist, unabhängig von seinem Lebensstandard.“

In der türkischen Stadt Gaziantep verteilen Nabaala und sein Team Hilfspakete.
In der türkischen Stadt Gaziantep verteilen Nabaala und sein Team Hilfspakete. © Mahmoud Albasha_Welthungerhilfe

Den Hunger in der Welt bis 2030 beenden

Nabaala stammt aus Kenia und arbeitet seit 2006 bei der Welthungerhilfe. Von Oktober 2022 bis April 2023 war er als Landesdirektor für Libanon, Syrien und die Türkei zuständig und arbeitet aktuell als stellvertretender Landesdirektor in den drei Ländern. Die Welthungerhilfe ist seit 1962 weltweit im Einsatz. Als Nichtregierungsorganisation arbeitet sie neutral und stellt sich auf keine Seite eines Konflikts. So gewährleistet sie, dass alle Menschen Hilfe bekommen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer Weltanschauung. 

In zwölf Projekten erreichte die Welthungerhilfe 2022 rund 650.000 Menschen in Libanon, Syrien und der Türkei. Weltweit unterstützte die Organisation 2022 rund 18,8 Millionen Menschen in 37 Ländern. „Der Fokus unserer Arbeit liegt darauf, bis 2030 den Welthunger zu beenden. Darauf richten wir unsere gesamten Projekte aus“, erklärt Nabaala. Finanziert wird die Welthungerhilfe über öffentliche Gelder und Spenden. 

Enge Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen

„Hilfe zur Selbsthilfe“, das ist das Motto der Organisation. Ihr Ziel ist es, die Lebenssituation von Menschen langfristig und nachhaltig zu verbessern, sodass sie sich in Krisen möglichst selbst helfen können. Das geht nur in Kooperation mit der Zivilgesellschaft. „In allen Projekten arbeiten wir mit lokalen Organisationen zusammen, um einen Zugang zur betroffenen Bevölkerung zu erhalten“, erklärt Nabaala. Ohne regionale Partner wäre die Arbeit in vielen Gebieten kaum möglich. Vor allem in Kriegsgebieten wie in einigen Teilen Syriens ist die Welthungerhilfe auf Informationen lokaler Partner angewiesen, da viele Teile das Landes für ausländische Organisationen nicht erreichbar sind. „Funktionierende Partnerschaften, die auf Vertrauen beruhen, sind von zentraler Bedeutung für die humanitäre Hilfe“, so Nabaala.

In Syrien arbeitet die Welthungerhilfe mit der gemeinnützigen Organisation Shafak zusammen. Sie entstand 2013 in der Türkei und leistet humanitäre Hilfe in dem Bürgerkriegsland. Über Shafak erhält die Welthungerhilfe Informationen über die Bedürfnisse der Menschen im Land. „2023 berichtete uns Shafak beispielsweise, dass ein Lager in Syrien, in dem Familien untergebracht waren, die ihr Zuhause durch das Erdbeben verloren hatten, nicht über ein funktionierendes Abwassersystem verfügte. Durch diese Information konnten wir gezielte Maßnahmen einleiten, um den Menschen vor Ort zu helfen“, sagt Nabaala.

In ihrem Lager sortieren die Mitarbeitenden der Welthungerhilfe Nahrungsmittel, Kleidung und Ausstattungen für Zelte.
In ihrem Lager sortieren die Mitarbeitenden der Welthungerhilfe Nahrungsmittel, Kleidung und Ausstattungen für Zelte. © Mahmoud Albasha_Welthungerhilfe

Ernährungssicherheit nachhaltig fördern

Als stellvertretender Landesdirektor für Libanon, Syrien und die Türkei sieht sich Nabaala mit zahlreichen Konflikten konfrontiert. Der Bürgerkrieg in Syrien und vielschichtige Krisen im Libanon stellen die Welthungerhilfe vor große Herausforderungen. „Es ist schwer vorstellbar, wie wir eine nachhaltige Veränderung für die Bevölkerung herbeiführen können, wenn keine politischen Lösungen gefunden werden.“ Trotzdem haben Nabaala und sein Team sich einiges vorgenommen. „In Syrien möchten wir die lokale Lebensmittelproduktion weiter fördern, um Mangelernährung vorzubeugen. Außerdem versuchen wir schützende Umgebungen für die Zivilbevölkerung zu schaffen.“ 

Ernährungssicherheit spielt auch im Libanon eine zentrale Rolle. Dort fördert die Welthungerhilfe eine nachhaltige Landwirtschaft und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Schulung von Frauen. In der Türkei unterstützt die Welthungerhilfe neben dem Wiederaufbau nach dem Erdbeben die Verarbeitung von Traumata, die die Menschen durch die Naturkatastrophe erlitten haben. Langfristig spielt in dem Land die nachhaltige Landwirtschaft eine zentrale Rolle. In Zusammenarbeit mit lokalen Partnern möchte die Organisation eine „netto-positive Landwirtschaft“ etablieren. Also eine Landwirtschaft, die mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernt, als sie produziert.

Trotz all der Herausforderungen schätzt Nabaala die Arbeit bei der Welthungerhilfe sehr. „Meine Arbeit gibt mir so viele Möglichkeiten. Ich habe zuvor schon in Kenia und Liberia gearbeitet. Ich treffe jeden Tag spannende Menschen und sehe, dass meine Arbeit wirklich etwas verbessert.“