Strategische Industrie mit Zukunft
Panzer, Drohnen und Hightech: Deutschlands Rüstungsindustrie wächst rasant und steht im Zentrum der europäischen Sicherheitsinteressen.

Deutschlands Rüstungsindustrie ist nicht irgendeine Industrie. Sie ist von großer strategischer Bedeutung für die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, Europas und des gesamten NATO-Bündnisses – insbesondere durch die wachsende Bedrohung seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Die deutsche Rüstungsbranche leistet durch ihre Innovationskraft einen wichtigen Beitrag zur Ausrüstung der Bundeswehr und ihrer Verbündeten, aber auch zur Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie insgesamt.
Systemhäuser und starker Mittelstand
Die Wehrindustrie Deutschlands besteht vor allem aus mittelständischen Unternehmen, die sich um einige „Systemhäuser“ gruppieren. Das sind Unternehmen wie Rheinmetall, Airbus, Krauss-Maffei, Hensoldt oder Diehl, die komplexe Waffensysteme herstellen. Die Rüstungsbranche hat laut Bundeswirtschaftsministerium 105.000 Beschäftigte und generiert einen Umsatz von 31 Milliarden Euro – mit stark steigender Tendenz.
Als die Beschaffung von Rüstungsgütern durch die Bundeswehr nach dem Ende des Kalten Krieges abnahm, gelang es Deutschlands Wehrindustrie, sich über den internationalen Wettbewerb zu behaupten. Das Exportgeschäft wurde ihr neuer Schwerpunkt, es liegt nach Experten-Schätzungen bei rund 70 Prozent der Wertschöpfung. Deutschland ist damit laut dem Stockholm International Peace Research Institute SIPRI fünftgrößter Rüstungsexporteur weltweit. Das bedeutendste deutsche Rüstungsunternehmen im globalen Vergleich ist Rheinmetall, SIPRI führt es auf Platz 26 der größten Rüstungsfirmen. Der wachsende Düsseldorfer Konzern gilt unter anderem als einer der wichtigsten Hersteller von Panzern (zum Beispiel dem „Leopard 2“) und Munition mit einem weltweiten Produktionsnetzwerk. Seinen größten Standort im niedersächsischen Unterlüß erweitert Rheinmetall derzeit für rund 300 Millionen Euro um eine neue Munitionsfabrik.
Auch das Auftragsbuch von Heckler & Koch, Hersteller von Maschinengewehren, Pistolen und Granatwerfern, ist übervoll. Das Unternehmen stellt Fachkräfte ein und investiert in den Ausbau seiner Standorte.
Besonders stark ist die Branche in Bayern vertreten, wo sie etwa ein Drittel ihrer Wertschöpfung erwirtschaftet. Der Grund liegt in Bayerns Bedeutung als Zentrum der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie sowie in der dort angesiedelten aufstrebenden Drohnen-Industrie mit Herstellern wie Quantum-Systems und Helsing. Beide Unternehmen beliefern die ukrainischen Streitkräfte mit Aufklärungs- und Kampfdrohnen. Helsing erhielt 2025 weitere 600 Millionen Euro von Investoren. Das Unternehmen arbeitet unter anderem an einer Künstlichen Intelligenz, die ein Kampfflugzeug in komplexen Luftkampfszenarien führen soll.

Spitzenposition bei Waffen für Landstreitkräfte
Die besonderen Stärken der deutschen Rüstungsindustrie liegen jedoch bei klassischen Hauptwaffensystemen wie gepanzerten Fahrzeugen, U-Booten und Marine-Schiffen. Hier kann sie sich, vor allem in der Mikroelektronik, auf eine breite inländische Zulieferbasis stützen. Das Kieler Unternehmen Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) ist Weltmarktführer für nicht-nuklear betriebene U-Boote und bis Anfang der 2040er-Jahre mit einem Auftragsvolumen von mindestens 18 Milliarden Euro ausgelastet.
Eine Spitzenposition nimmt die deutsche Wehrindustrie bei Waffensystemen, Fahrzeugen, Ausrüstungen und Technologien ein, die für Landstreitkräfte produziert werden. Hier setzten die deutschen Hersteller insbesondere bei der Digitalisierung von Waffensystemen weltweit Standards. So ist zum Beispiel Rheinmetall mit seinem Modell „Lynx“ in der Endauswahl für den neuen Schützenpanzer der US-Army. Auch der Digitalisierungsrad der Landsystem-Produktion ist hoch. Hier profitiert die Branche von der starken Anlehnung an die Automobilindustrie. Darüber hinaus nutzt die Wehrindustrie zunehmend Produktionsstätten und Fachkräfte aus der Mobilitätsbranche, die sich derzeit in einem Anpassungsprozess befindet.

Hohe Nachfrage durch sicherheitspolitische Lage
Die deutsche Bundesregierung begrüßt den NATO-Beschluss, künftig 3,5 Prozent – statt bislang zwei Prozent – des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren und zusätzlich rund 1,5 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für militärisch nutzbare Infrastruktur bereitzustellen. Dementsprechend stark steigt derzeit die Nachfrage nach Rüstungsgütern aus deutscher Produktion. Um diesen Anstieg managen zu können, hat Deutschlands Rüstungsindustrie ein zentrales Anliegen: „Gut wäre es, wenn die Kunden in Europa ihre Bedarfe bestmöglich harmonisieren und ‚poolen‘ könnten. Die Industrie braucht jetzt klare Ansagen, von welchen Produkten man wie viel in welcher Zeit als Output erwartet“, sagt Hans Atzpodien, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie BDSV. Bisher bestellen die Länder meist einzeln und mit jeweils eigenen Spezialwünschen, was eine effiziente Herstellung erschwert.
Im engen Austausch mit der Bundesregierung, Bundeswehr, EU und den Bündnispartnern Deutschlands muss die deutsche Rüstungsindustrie nun mehr denn je strategisch kluge Entscheidungen treffen. Sie ist eben nicht irgendeine Industrie.