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Erasmus und die „Idee Europa“

Über drei Jahrzehnte liegen zwischen den Erasmus-Aufenthalten von Astrid Franke und Helena Böhmer. Ein Austausch von Erfahrungen.

Lauralie Mylène Schweiger, 09.06.2022
Astrid Franke und Helena Böhmer tauschen sich virtuell aus.
Astrid Franke und Helena Böhmer tauschen sich virtuell aus. © Fazit

Heute lehrt Professorin Astrid Franke Amerikanistik an der Eberhard Carls Universität Tübingen. 1990 gehörte sie zu den ersten Jahrgängen, die mit dem Erasmus—Programm im Ausland studierten.  Damals ging sie für ein Jahr nach Edinburgh. Sie unterhält sich mit Helena Böhmer, die im sechsten Semester Deutsche Sprache, Literatur und Anglophone Studies studiert. 2021 war sie mit Erasmus in Cork, Irland.

Erasmus verbindet Sie beide. Wie haben Sie Ihre Aufenthalte vor gut 30 Jahren und heute erlebt?
Böhmer:
Ich wollte nach den vielen Online-Semestern während Corona auf jeden Fall ein Auslandssemester machen! Es war total spannend, Einblicke in ein anderes Campus-Leben zu bekommen: Was bei uns an außeruniversitären Veranstaltungen gefehlt hat, wurde in Cork durch die vielen Student Clubs und sogar einen Pub auf dem Campus ausgeglichen.

Franke: Bei mir war es das erste oder zweite Jahr, dass es den Austausch mit der FU Berlin gab und es gab auch nur einen einzigen Platz. Ähnlich wie Sie habe ich auch das große Angebot an Clubs wahrgenommen: Ich habe Hot Air Ballooning und Scottish Folk Dance gemacht. Außerdem habe ich meine Hausarbeiten zum ersten Mal auf einem Computer geschrieben.

Hat der Aufenthalt Sie verändert?
Böhmer:
Ich würde sagen, dass ich selbstbewusster geworden bin, weil ich in Irland viel ausprobieren konnte, was ich mir davor nicht zugetraut hätte. Keiner kennt einen, es ist ein Umfeld, das für Wachstum geschaffen ist.

Franke: Ich habe gesehen, dass man ähnliche Inhalte auch ganz anders studieren kann. Das Lesepensum war viel größer, in Deutschland waren es vier und in Edinburgh zwölf Bücher im Semester. Ich habe viel Zeit mit Lesen verbracht.

Helena Böhmer bei einem Ausflug in Cork, Irland.
Helena Böhmer bei einem Ausflug in Cork, Irland. © privat

Was würden Sie zukünftigen Erasmus-Studierenden mit auf den Weg geben?
Böhmer:
Man sollte möglichst keine Erwartungen haben, weil es am Ende sowieso anders wird. Ich dachte, ich würde niemanden kennenlernen. Das war am Ende das kleinste Problem. Man sollte möglichst alle Angebote wahrnehmen und sich ausprobieren.

Franke: Dem kann ich mich anschließen. Ansonsten würde ich empfehlen, am besten ein Jahr zu bleiben. Das nimmt den Druck, in kurzer Zeit möglichst viel zu sehen.

Böhmer: Ich finde das hat Vor- und Nachteile. Bei mir war es ja nur ein Semester und ich hätte danach von vorne anfangen müssen, Leute kennenzulernen, weil alle neuen Freunde gegangen sind. Ein Jahr gibt einem natürlich die Möglichkeit, sich viel mehr Zeit zu lassen.

Franke: Dann waren unter Ihren Freunden primär Erasmus-Studierende?

Böhmer: Ja, das ist meistens so. Ich hatte auch irische Freunde, aber durch gemeinsame Aktivitäten wie Ausflüge ergibt sich eher die Nähe zu internationalen Studierenden. Vor zwei Wochen habe ich Freunde in Maastricht besucht und im Juli kommt eine Freundin aus Prag. Von daher bin ich nicht allzu traurig darüber.

Franke: Die Idee „Europa“ wird ja auch eher belebt durch junge Leute, die durch Europa ziehen, an einem anderen Ort studieren und Freundschaften knüpfen. Wenn das europäische Gefühl, diese europäische Identität gestärkt wird, dann geht das sehr gut auf diesem Weg.

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