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„Der deutsche Journalismus ist wachgerüttelt“

Wie sieht die Zukunft des Journalismus aus? Ist Kritik an den Medien berechtigt? Das sagt der Kommunikationsexperte Christoph Neuberger.

29.04.2019
Newsroom
© dpa-Zentralbild

Christoph Neuberger ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Interview spricht er über die Qualität deutscher Medien, den Medienwandel und die Rolle von Paid Content.

Herr Professor Neuberger, wie geht es dem deutschen Journalismus heute?

Es ist immer von drei Krisen die Rede: ökonomischer Druck, mangelnde Unterscheidbarkeit, Qualitätsverlust. Die ökonomische Krise ist unbestreitbar. Presse und Rundfunk haben auf dem Werbemarkt stark verloren, denn im Internet gibt es attraktive Alternativen. Das hinterlässt Spuren: Medienunternehmen bauen Stellen ab und kooperieren, fusionieren und investieren lieber außerhalb des Journalismus.

Was die Identität betrifft, hat der Journalismus ein Abgrenzungsproblem: Weil im Internet jeder publizieren kann, muss sich Journalismus ein klareres Profil geben. Was die Qualität angeht, ist die – oft populistische – Kritik weitgehend unberechtigt. Empirischen Ergebnissen zufolge gibt es keinen Vertrauensverlust. Die Medien in Deutschland sind vielfältiger, unabhängiger und kritischer, als oft behauptet wird.

Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger
Kommunikationswissenschaftler Christoph Neuberger © BR
Die Medien in Deutschland sind vielfältiger, unabhängiger und kritischer, als oft behauptet wird.
Christoph Neuberger, Professor für Kommunikationswissenschaft

Wie schafft es der Journalismus aus der Krise?

Die Krise hat den Journalismus in Deutschland wachgerüttelt. Noch nie hat er sich so intensiv mit sich selbst auseinandergesetzt, noch nie war die Sensibilität für Fehler so groß. Es herrscht Aufbruchsstimmung. Der Journalismus experimentiert mit multimedialen Darstellungsformen und der Automatisierung redaktioneller Prozesse. Die zentrale Herausforderung bleibt aber, neue Wege der Finanzierung zu finden. Der Journalismus ist für die Demokratie so wichtig, dass seine Existenz nicht nur von Marktkräften abhängig sein darf. Staatliche Hilfsgelder und privates Sponsoring schaffen allerdings neue Abhängigkeiten. Spannend sind Versuche, das Publikum stärker an der Finanzierung zu beteiligen.

Können Online- und Printmedien nebeneinander existieren?

Print und Online sind keine natürlichen Konkurrenten, sondern können voneinander profitieren. Dafür müssen Medienunternehmen sie nach ihren jeweiligen Stärken einsetzen: Eilmeldungen via Twitter, Videos und Diskussionen auf der Website, Leitartikel und Reportagen in der Printausgabe.

Sind Deutsche bereit, für Journalismus zu bezahlen?

Nach dem Digital News Report haben 2017 nur acht Prozent der deutschen Onlinenutzer für Nachrichten bezahlt. In den USA waren es 16 Prozent. Diese Gratismentalität der Deutschen dürfte an dem vielfältigen Angebot und der starken Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegen. Wenn ein Anbieter die Bezahlschranke herunterlässt, bleiben genügend Alternativen.

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Was zeichnet die deutsche Medienbranche aus?

Der deutsche Journalismus steht noch immer gut da. Es gibt viele Qualitätsmedien: die überregionale Tages- und Wochenpresse, einen breit aufgestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunk und eine vielfältige Regionalpresse.

Interview: Christina Iglhaut

 

© www.deutschland.de

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