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Gegen das Vergessen

Warum engagieren sich junge Menschen für Erinnerungskultur in Deutschland? Zwei internationale Freiwillige berichten.

04.11.2020
Lukas Pils vor dem Jüdischen Museum in Berlin.
Lukas Pils vor dem Jüdischen Museum in Berlin. © privat

„Als mein Großvater gezwungen wurde, als Soldat für Deutschland in den Krieg zu ziehen, war er 18 Jahre alt – ein Jahr jünger als ich es heute bin. Er hat später nie über diese Zeit und seine Erlebnisse gesprochen. Sein Schweigen war ein Grund, mich dafür einzusetzen, dass der Holocaust nicht in Vergessenheit gerät. Junge Menschen brauchen die ältere Generation, um sich zu erinnern. In einigen Jahren werden wir diese ältere Generation sein – und in der Schule hatte ich oft das Gefühl, dass meine Klassenkameraden sich für das Thema nicht interessierten.

Nur wenn wir uns auch emotional mit dem Holocaust auseinandersetzen, können wir Gewalt, Ausgrenzung und Rassismus verhindern.
Lukas Pils, Gedenkdienst im Jüdischen Museum Berlin

Über den Verein Österreichischer Auslandsdienst arbeite ich zehn Monate lang im Jüdischen Museum in Berlin, um andere Menschen zu ermutigen und zu unterstützen, sich mit Erinnerung zu beschäftigen. Denn es ist gefährlich, den Bezug zur Geschichte zu verlieren. Nur wenn wir uns auch emotional mit dem Holocaust auseinandersetzen, können wir Gewalt, Ausgrenzung und Rassismus verhindern.“
Lukas Pils, 19, aus Österreich, leistet Gedenkdienst im Jüdischen Museum Berlin.

 

Yana Alimova in der Gedenkstätte Buchenwald.
Yana Alimova in der Gedenkstätte Buchenwald. © privat

„Ich arbeite seit einem Jahr als Freiwillige in der Gedenkstätte Buchenwald, genauer gesagt im Archiv des sogenannten ,Speziallager 2‘. Es hat eine besondere Geschichte, die auch persönlich mit meiner Familie verbunden ist. Bis 1945 war Buchenwald ein Konzentrationslager der Nationalsozialisten, mehr als 56.000 Menschen starben hier. Nach 1945 nutzte die sowjetische Militäradministration das Speziallager 2. Der Bruder meiner Urgroßmutter war im Zweiten Weltkrieg als sowjetischer Soldat im Konzentrationslager inhaftiert. Wir wissen nicht, was später mit ihm passiert ist, vermutlich starb er in einem Außenlager von Buchenwald. Mit dieser Ungewissheit geht es uns wie vielen Angehörigen.

Ich finde meine Arbeit nicht nur sinnvoll, sondern geradezu notwendig.
Yana Alimova, Freiwillige Gedenkstätte Buchenwald

Dass ich hier in Buchenwald Familien dabei unterstützen kann, etwas über das Schicksal ihrer Angehörigen zu erfahren, hat mich zu meinem Freiwilligendienst motiviert; die Gedenkstätte ist der perfekte Ort dafür. Ich verstehe nicht, warum Menschen mich immer wieder fragen, ob mich die Arbeit nicht traurig mache. Einige raten mir, mir doch einen ,netteren‘ Dienst zu suchen, zum Beispiel in der Sozialarbeit. Aber ich empfinde das ganz anders. Ich finde meine Arbeit nicht nur sinnvoll, sondern geradezu notwendig. Sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen ist extrem wichtig für unsere Gesellschaft. Hier arbeiten so viele engagierte Menschen und das zeigt mir, dass wir diese Zeit überwinden konnten und unsere Welt als eine bessere aufgebaut haben.“
Yana Alimova, 26, aus der Ukraine arbeitet über Aktion Sühnezeichen Friedensdienste als Freiwillige in der Gedenkstätte Buchenwald und hat ihren Dienst gerade um sechs Monate verlängert. Anschließend will sie Friedens- und Konfliktforschung studieren.

Protokolle: Sarah Kanning

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