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„Besseren Schutz gewährleisten“

Der Wissenschaftler Jörn Birkmann untersucht, wie sich Deutschland besser vor den Folgen von Starkregen oder Hitze schützen kann.

Carsten Hauptmeier, 11.03.2022
Jörn Birkmann bei der Vorstellung des IPCC-Berichts
Jörn Birkmann bei der Vorstellung des IPCC-Berichts © picture alliance / Geisler-Fotopress

Der Raumplaner Jörn Birkmann von der Universität Stuttgart befasst sich intensiv damit, wo und wie sich Deutschland an den Klimawandel anpassen kann. Er war als Autor am Bericht des Weltklimarats (IPCC) beteiligt und untersucht gerade, wie der Wiederaufbau nach der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021 gelingen kann. Mehr als 130 Menschen starben damals im Ahrtal nahe Bonn.

Herr Professor Birkmann, was sind die wichtigsten Lehren aus der Hochwasserkatastrophe für den Wiederaufbau im Ahrtal?
In einem so schmalen Tal wie dem Ahrtal geht es beim Wiederaufbau zum einen darum, Ausweichflächen für den Fluss bei Hochwasser oder Starkregen zu schaffen. Eine weitere Aufgabe liegt darin, künftig einen besseren Schutz im Ereignisfall zu gewährleisten. Eine Schule sollte zum Beispiel mehrere Stockwerke haben, damit Kinder in höhere Etagen evakuiert werden können und das Erdgeschoss notfalls geflutet werden kann.

Viele Fragen stellen sich beim Wiederaufbau und der Anpassung von Brücken im Ahrtal: Wie kann etwa verhindert werden, dass sich dort wie bei der Katastrophe im Sommer 2021 Bäume, Autos oder Campingwagen verkeilen? Sollten Brücken höher oder breiter sein oder kann es neben Brücken Vertiefungen geben, damit das Wasser notfalls dort abfließen kann?

Eine weitere Herausforderung liegt darin, den Wiederaufbau mit Klimaschutz und Anpassung zu verknüpfen. Es ist zum Beispiel nicht immer ganz einfach, in einem Haus statt der vorherigen Ölheizung jetzt eine andere Heizung einzubauen. Bislang war man oftmals beim Wiederaufbau und bei Versicherungen davon ausgegangen, den alten Zustand wiederherzustellen. Die betroffenen Menschen wissen teilweise auch gar nicht, ob in sechs Monaten für ihr Haus eine alternative Gasleitung zur Verfügung steht.

Auf welche Gefahren und Risiken muss sich Deutschland insgesamt durch den Klimawandel besonders einstellen?
Hauptgefahren sind sicher Starkregen und Hochwasser, aber auch Hitze. Wir müssen mit mehr Extremwetterereignissen rechnen. Es muss aber zugleich immer das Zusammenspiel verschiedener Faktoren bedacht werden, die das Risiko ausmachen. Wenn zum Beispiel ein Extremereignis – wie der Starkregen im Ahrtal – einen Ort mit vielen älteren vulnerablen Menschen trifft, ist das etwas anderes, als wenn dort überwiegend junge Menschen leben.

Wo besteht in Deutschland besonderer Handlungsbedarf bei der Anpassung an diese Gefahren?
Wir müssen sicher überall stärker bedenken, wo etwa bei Starkregen das Wasser schadlos abfließen kann. Das können Grünflächen wie Parks, aber zum Teil auch gepflasterte Bereiche mit wenig Infrastruktur sein. Wir brauchen zudem gegen den Hitzestress mehr verschattete Freiräume in den Städten, etwa durch Bäume und Parks.

Wir sollten uns aber auch fragen, welche Menschen und Infrastrukturen besonders geschützt werden müssen. Dies gilt zum Beispiel für Schulen, Krankenhäuser oder Altenheime. Denn die Frage ist nicht nur, wie stark die Flut oder der Wind wird, sondern auch, was prioritär geschützt und angepasst werden muss.

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