„Ich habe geschrien vor Freude“
Sie nennt Tom Hanks Tommypot und war 2021 für einen Golden Globe nominiert. Die Deutsche Helena Zengel startete mit zwölf Jahren in Hollywood durch.
Als schwer erziehbare und traumatisierte „Benni“ tobte sie durch das Filmdrama „Systemsprenger“. Ein ungewöhnlicher Film und eine beeindruckende Leistung der im Juni 2008 geborenen Helena Zengel. Für die Rolle erhielt sie 2020 den Deutschen Filmpreis als beste weibliche Hauptdarstellerin. Und danach kam das erste Angebot aus Hollywood. In dem Western „Neues aus der Welt“ spielt das Mädchen aus Berlin eine Waise, die nach der Ermordung ihrer Eltern bei Kiowa aufwächst und von Tom Hanks in der Rolle eines Bürgerkriegsveteran zu ihren einzig noch lebenden Verwandten gebracht wird. Wieder spielt Helena Zengel so, dass einem einfach nur der Mund offen stehen bleibt. Woher nimmt sie diese Energie und Kraft?
Helena, du wurdest bei den Golden Globes 2021 als beste Nebendarstellerin nominiert. Wie fühlt es sich an, eine international bekannte Nachwuchsschauspielerin zu sein?
Ich liebe Schauspiel, ich bin gerne Schauspielerin und will es definitiv bleiben, von daher, gerne mehr!
Wusstest du schon immer, dass du Schauspielerin werden möchtest?
Schon als kleines Kind wollte ich immer Aufmerksamkeit haben. Ich war schon immer ein wildes, aufgeregtes, durchdrehendes Kind, das viel rumrennt, Spaß hat und gerne Sport macht. Aber ich habe nie ausgesprochen, dass ich Schauspielerin werden möchte, bevor ich die ersten richtigen Rollen bekommen habe.
Was waren denn die ersten richtigen Rollen?
Die erste Hauptrolle hatte ich in „Die Tochter“ von Mascha Schilinski, da war ich sieben Jahre alt. Vorher habe ich nur kleine Rollen gespielt, aber bei meiner ersten Hauptrolle hab ich mir gedacht, „das ist es“. Danach kam dann „Systemsprenger“, der in Deutschland sehr erfolgreich war.
Was war dein erster Gedanke, als du erfahren hast, dass du wie auch Superstar Jodie Foster als beste Nebendarstellerin für die Golden Globes nominiert wurdest?
Ich war wortlos, bin gefühlt umgefallen und hab geschrien vor Freude.
Wie bist du zu der Rolle der Johanna in „Neues aus der Welt“ gekommen?
Durch den Film „Systemsprenger“. Einer der Produzenten von „Neues aus der Welt“ hat mich in dem Film auf der Berlinale gesehen und mich an den Regisseur Paul Greengrass weiterempfohlen. Er war begeistert von meinen Augen und wie ich mit ihnen Emotionen transportieren kann. Nach der Berlinale hatte ich erst ein Casting in Berlin, dann in London und danach wusste ich: Ich habe die Rolle der Johanna.
Was waren die größten Herausforderungen bei dem Dreh in Amerika?
Nicht auf eine Schlange zu treten.
Und was hat dir am meisten Spaß gemacht?
Ich finde es natürlich immer toll mit Pferden zu drehen, ich liebe Pferde und hab auch selbst eins. Außerdem war es super mit Tom Hanks Zeit zu verbringen, er gehört für mich mittlerweile zur Familie. Wir sind total eng befreundet. Sein Sohn Truman spielt auch in dem Film mit, dem hat Tom den Spitzname Trupot gegeben. Ich hab mich mit „Trupot“ auch super gut verstanden und Tom dann auch irgendwann Tommypot genannt. Er nannte mich immer Helenenananapot. Ich weiß nicht, wieso wir das gemacht haben, aber das war sehr lustig. Wir haben uns wirklich gut verstanden und haben seitdem auch immer noch viel Kontakt.
Was hast du von Tom Hanks während den gemeinsamen Dreharbeiten gelernt?
Mit Tommypot habe ich ganz viele Erfahrungen gesammelt. Er hat mir Tipps gegeben und bei vielen Sachen geholfen, er ist einfach ein total lustiger Typ. Obwohl er ein Superstar ist, hatte er keine Starallüren. Man denkt, Tom Hanks kommt in einem Lamborghini, mit schwarzen Lederschuhen und Sonnenbrille am Set an und läuft direkt in seinen Trailer. Aber er kam in Mokassins, einer Jogginghose und einem weiten Pullover, hat erstmal allen Hallöchen gesagt und seinen Kaffee auf der Veranda getrunken. Er ist wirklich stinknormal und einfach total lustig.
Hat Tom Hanks auch etwas von dir gelernt?
Ich konnte ihm ein bisschen Deutsch beibringen und zwar: „Wo finde ich was zu essen?“ Ich habe ihm von dem Buch erzählt, das ich lese, „Traumfänger“ von Marlo Morgan. Tom hat versucht den Titel zu lernen, hat aber immer „Traumfanger“ gesagt. Ich wollte ihm das Wort „fänger“ beibringen, aber er hat immer nur „faaanger“ gesagt.
In „Neues aus der Welt“ sprichst du Deutsch und Kiowa. Kannst du dir mittlerweile auch vorstellen Filme auf Englisch zu drehen?
Ja, klar. Im Moment haben wir durch den Erfolg viele Angebote auch aus anderen Ländern. Mittlerweile spreche ich fließend Englisch. Ich bin zwar immer noch zwölf Jahre alt, aber ich kann mich ganz normal verständigen und habe keine Probleme mit dem Englischen. Gerade schreibe ich auch ein Buch in Englisch.
Um was geht es in dem Buch?
Das war erst noch ein Geheimnis, aber jetzt ist es öffentlich. Ich hab angefangen ein englisches Buch zu schreiben über ein Waisenmädchen. Als sie älter wird, merkt sie, dass sie in andere Dimensionen eintauchen und dort Kontakt zu ihrer toten Familie aufnehmen kann. Ich finde, das ist ein gutes Thema, aus dem man viel machen kann. Deshalb wäre es mein Traum, das Buch irgendwann zu verfilmen und das Mädchen selbst zu spielen.
Kannst du dir vorstellen, später auch mal einen anderen Beruf zu haben, zum Beispiel Autorin oder Regisseurin?
Ja, auf jeden Fall. Aber ich denke, die Schauspielerei wird immer das Wichtigste in meinem Leben sein. Aber ich kann mir trotzdem vorstellen, mal meinen eigenen Film zu dirigieren.
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