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Feste schaffen ein Wir-Gefühl

Wie wird in den Bundesländern gefeiert? Was Strandfeuer und Karneval gemeinsam haben: Deutschlands Feste, Festivals und Traditionen.

Inka Schmeling, 25.11.2022
Fastnacht in Gengenbach: Spättlehansel werden die Figuren genannt.
Fastnacht in Gengenbach: Spättlehansel werden die Figuren genannt. © picture alliance / imageBROKER

Es gibt viele Arten in Deutschland, den Winter zu vertreiben: Auf Nordseeinseln wie Sylt oder Amrum versucht man es beim Biikebrennen mit großen Feuern am Strand. In Nordrhein-Westfalen sollen laute, bunte Karnevalsumzüge mit reichlich Bonbons, Alaaf-Rufen und Kamellen die Winterdämonen vertreiben. Nicht zu vergleichen mit der schwäbisch-alemannischen Fastnacht, wie sie etwa in Baden-Württemberg weit düsterer und mit schaurigen Holzmasken gefeiert wird. So verschieden all diese Bräuche jedoch sein mögen, eines ist ihnen gemeinsam: Sie sind in ihren Regionen wichtige Feste, die seit jeher die Menschen zusammenbringen. Und als solche inzwischen übrigens auch von der UNESCO anerkannt – als immaterielles Welterbe.

Biikefeuer bei Husum
Biikefeuer bei Husum © picture alliance / dpa

„Unter diesem Begriff schützen und bewahren wir Bräuche, alte Handwerkstechniken und auch Wissen“, erklärt Miles Spohr, Geschäftsführer der UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V. 131 Einträge umfasst das bundesweite Verzeichnis inzwischen. „Damit fördern wir die Sichtbarkeit und Weiterentwicklung kultureller Besonderheiten von Regionen“, sagt Spohr. „So tragen wir sehr stark und sehr nachhaltig zum Erhalt regionaler Identitäten bei.“

Feste prägen regionale Identität

Tatsächlich gibt es wenig, was die regionale Identität so sehr prägt wie ein gemeinsames Fest. Denn selten geht es wirklich darum, den Winter zu vertreiben bei Biikebrennen, Karneval oder Fastnacht – wichtig ist vor allem, dies gemeinsam zu tun. Rituale halten Menschen zusammen, konstatiert auch eine Studie von 15 internationalen Universitäten unter der Leitung der Universität Oxford. Das Fazit: Rituale schaffen ein einmaliges Wir-Gefühl. 

Das Hamburger Hafenfest zieht Millionen Menschen an.
Das Hamburger Hafenfest zieht Millionen Menschen an. © picture alliance/dpa

Hamburger Hafenfest trotz falscher Urkunde

Kein Wunder also, dass einige Gemeinschaften sich ihre Feste kurzerhand konstruieren: Hamburg seinen Hafengeburtstag zum Beispiel. Erst seit 1977 feiert die Hansestadt jedes Jahr einen Freibrief von Kaiser Barbarossa, datiert auf den 7. Mai 1189, der den Schiffen im Hamburger Hafen Zollfreiheit gewährt. Obwohl der Brief vermutlich eine Fälschung ist: Auch Anfang Mai 2023 werden zum offiziell 834. Hafengeburtstag wieder rund eine Million Menschen erwartet.

Genau darin besteht die Kraft von Festen und Ritualen: Dass sie nicht starr auf historischen Ereignissen beruhen. Sondern vielmehr flexibel den Zeiten und Bedürfnissen angepasst werden können. Das bewies auch Bremen mit seiner „Schaffermahlzeit“. Das traditionelle Abschiedsessen der Kaufleute und Reeder mit ihren Kapitänen am Winterende findet seit 1545 nach den immer gleichen Regeln statt. Bis 2020 eine Regel geändert wurde: Seitdem sind auch Frauen zur Schaffermahlzeit geladen.

Feste exportieren: Weihnachtsmärkte in aller Welt

Eine Änderung, die zeigt: Das Wir-Gefühl von Ritualen ist dehnbar. Auch bei Bayerns größtem Fest überhaupt, dem Münchner Oktoberfest, reist inzwischen ein Fünftel der Besucherinnen und Besucher aus dem Ausland an. Zum Teil sind Feste und Rituale sogar zum Exportschlager geworden: In England, Italien und selbst in Shanghai werden inzwischen deutsche Weihnachtsmärkte aufgebaut und zu „America’s largest Oktoberfest“ in Ohio kommen jedes Jahr Hunderttausende. Feste und Rituale können wir schließlich gar nicht genug haben.

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