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Die Kunst des Konferenzdolmetschens

Jaqueline Klemke dolmetscht seit 20 Jahren simultan. Hier erfahrt ihr, was sie neben Multitasking noch können muss.

Lauralie Mylène Schweiger, 25.04.2022
Konferenzdolmetscherin Jaqueline Klemke
Konferenzdolmetscherin Jaqueline Klemke © privat

Sie hat einen der stressigsten Berufe der Welt: Jaqueline Klemke übersetzt simultan vom Deutschen ins Englische und umgekehrt. Bei internationalen Konferenzen zu komplexen Fachthemen sitzt die Frankfurterin hochkonzentriert in einer Kabine und übersetzt.

Frau Klemke, was ist das Besondere am Simultandolmetschen?
Man macht alles gleichzeitig. Während ich zuhöre, die Inhalte verarbeite und selbst in der Zielsprache spreche, spricht der Redner oder die Rednerin natürlich weiter. Hinzu kommt, dass sich jeder Redner anders ausdrückt und anders Gedanken strukturiert. Diese simultanen Prozesse laufen in Millisekunden ab.

Was machen Sie, wenn Vortragende den Faden verliert?
Ich kann an der einen oder anderen Stelle ein paar rhetorische Schleifen drehen, ohne jedoch Informationen hinzuzufügen, oder ich kann mein Sprechtempo anpassen, bis der oder die Redende  sich gefangen hat. Es gibt jedoch auch Momente, in denen die Emotion wichtiger ist als die Sprache und dann sollen die Zuhörenden das auch mitbekommen. Insgesamt ist rezipientenorientiertes Dolmetschen wichtig: Bei einem Kongress über Trauerbegleitung müssen wir anders sprechen als bei einem Finanzkongress, wo es um Zahlen, Daten, Fakten geht.

Wie gehen Sie damit um, dass der Satzbau auf Deutsch und Englisch sehr unterschiedlich ist?
Entweder man kennt das Thema oder die Rednerin oder den Redner gut und kann clever antizipieren. Im Deutschen kann es aber passieren, dass nach dem Satzanfang „Dann haben wir bei dem neuen Projekt…“, mehrere Nebensätze folgen und der Satz schließlich so endet: „…beschlossen, das Projekt einzustampfen“ Damit wir als Dolmetscher in einem solchen Fall nicht in eine ganz andere Richtung galoppieren, müssen wir die Struktur etwas aufbrechen und kleinere Sätze mit Sinneinheiten bilden, die wir schon verarbeiten können. So gewinnen wir Zeit, ohne die Aussage zu verfälschen.

Was macht Ihnen mehr Spaß, aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen oder umgekehrt?
Vom Deutschen ins Englische. Die deutsche Sprache ist sehr komplex. Dadurch entstehen viele Kombinationsmöglichkeiten. Es gibt Menschen, die sprechen sehr bildlich. Hinzu kommt der persönliche Duktus und der Satzbau, der sehr unterschiedlich ausfallen kann. „Die Sprache der Dichter und Denker“ – es gibt schon Gründe, warum die deutsche Sprache so heißt. Für mich ist sie immer wieder faszinierend.

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