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Deutschland feiert 75 Jahre Grundgesetz

Mit der Unterzeichnung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Die deutsche Verfassung gilt vielen Ländern als Vorbild.

03.01.2024
Das Grundgesetz ist die deutsche Verfassung.
Das Grundgesetz ist die deutsche Verfassung. © pictureAlliance/dpa

Lediglich 1396 Gramm wiegt das schmale Buch, dessen Text am 23. Mai 1949 in Bonn feierlich unterzeichnet wird. Doch der Inhalt hat enormes Gewicht: Das in der Pädagogischen Akademie unterzeichnete Grundgesetz ist das rechtliche Fundament der Bundesrepublik Deutschland, die damit vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs gegründet wird. „Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten“, sagt der Präsident des Parlamentarischen Rates, der spätere erste Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Parlamentarischer Rat erarbeitet Grundgesetz

Am 1. September 1948 trat dieser Rat erstmals in Bonn zusammen. Ihm gehörten 61 Männer und vier Frauen an, die verschiedene politische Lager repräsentierten. Sie einte das Ziel, mit ihrer Arbeit nach der Zeit nach der NS-Diktatur die Grundlage für eine deutsche Demokratie zu schaffen. Bewusst sollten sie keine Verfassung erarbeiten, sondern ein Grundgesetz. Das sollte angesichts der deutschen Teilung den provisorischen Charakter der Gründung der westdeutschen Bundesrepublik Deutschland verdeutlichen. Fast fünf Monate nach Verkündung des Grundgesetzes wurde im Oktober 1949 die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Osten des nach dem Krieg geteilten Landes gegründet. Erst mit dem Fall der Mauer 1989 und der Wiedervereinigung 1990 endet die deutsche Teilung.

Konrad Adenauer unterzeichnet 1949 das Grundgesetz.
Konrad Adenauer unterzeichnet 1949 das Grundgesetz. © pictureAlliance/dpa

„Der Parlamentarische Rat zog die Lehren aus dem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte“, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im September 2023 bei einer Feierstunde zur Konstituierung des Rats 75 Jahre zuvor. „Wir können heute dankbar und stolz zurückblicken, aus dem Provisorium Grundgesetz ist eine Erfolgsgeschichte geworden.“

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“

Das 1949 verkündete Grundgesetz beginnt mit dem bis heute gültigen und prägenden Artikel eins: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Bis zum Artikel 19 folgen weitere Grundrechte, sie garantieren etwa Meinungs- und Pressefreiheit, Glaubensfreiheit oder Gleichberechtigung. In Artikel 20 sind die Prinzipien für die Staatsstruktur festgeschrieben, er beginnt mit den Worten: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“

In den insgesamt 146 Artikeln des Grundgesetzes finden sich darüber hinaus unter anderem allgemeine Regelungen zu Bund und Ländern, Vorgaben zu den einzelnen Verfassungsorganen wie Bundesregierung und Bundestag, zur Gesetzgebung, zur Verwaltung des Landes, zur Rechtsprechung und zum Finanzwesen.

Das Reichstagsgebäude in Berlin ist der Sitz des Deutschen Bundestags.
Das Reichstagsgebäude in Berlin ist der Sitz des Deutschen Bundestags. © pictureAlliance/dpa

Änderungen des Grundgesetzes seit 1949

Das Grundgesetz darf nach Artikel 79 nur jeweils mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Mitglieder des Bundestags und der Stimmen des Bundesrats als Vertretung der Länder geändert werden. Änderungen von wesentlichen Prinzipien wie dem Schutz der Menschenwürde sind unzulässig. So kam es zwar seit Mai 1949 zu zahlreichen Änderungen an der Verfassung, aber Grundzüge und Charakter des Grundgesetzes blieben unverändert.

„Unsere Verfassung ist etwas, worauf wir stolz sein dürfen“, sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Blick auf 75 Jahre Grundgesetz im Jahr 2024. „Sie schützt und würdigt jeden einzelnen Menschen.“ Sie biete auch das stabile Gerüst, in dem Politik sich entfalten könne. „Dieses Fundament hat unser Land bisher gut getragen, auch dann, wenn es mal schwieriger wurde.“ Er sei überzeugt: „Es wird uns auch in Zukunft tragen.“

Deutsche Verfassung seit der Wiedervereinigung 1990

Seit der Wiedervereinigung 1990 gilt das Grundgesetz für ganz Deutschland. Im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 beschlossen die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, dass die ostdeutschen Länder dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten. In der Präambel heißt es seither, dass die Deutschen „in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet“ haben. „Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.“ Der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik war der formale Schritt zur deutschen Wiedervereinigung, die seither am 3. Oktober als Tag der Deutschen Einheit gefeiert wird.

Grundgesetz als Vorbild für Verfassungen anderer Länder

Heute zählt das Grundgesetz zu den ältesten geltenden Verfassungen der Welt. Andere Länder orientierten sich daran, um eigene Verfassungen zu erarbeiten. Dass das Grundgesetz zwar die Grundlage für einen liberalen und demokratischen Rechtsstaat bildet, dieser aber von den Bürgerinnen und Bürgern getragen werden muss, betont auch Bundeskanzler Olaf Scholz: „Die Demokratie lebt nicht nur von den wichtigen Artikeln in der Verfassung, sondern davon, dass wir als Bürgerinnen und Bürger sie tragen, dass wir sie beschützen und verteidigen, auch gegen diejenigen, die sie von innen zu untergraben versuchen.“