Leben unter der Erde: Faszination Fledermaus
Forscher Simon Ripperger gewährt spannende Einblicke in das verborgene Leben der Fledermäuse und erklärt, warum ihr Schutz für unsere Umwelt wichtig ist.

Herr Dr. Ripperger, wie sind Sie zur Fledermausforschung gekommen?
Mein Biologiestudium in Ulm führte mich für ein Jahr nach Costa Rica. Dort hat mich fasziniert, welche Schlüsselrolle Fledermäuse in tropischen Regenwäldern spielen. Sie bestäuben Blüten, verbreiten Samen und halten als Insektenfresser die Populationen im Gleichgewicht.
Heute erforschen Sie Fledermäuse in Deutschland?
Am Bayerischen Landesamt für Umwelt liegt mein Fokus auf dem Schutz heimischer Arten. Ein Teil der Arbeit ist Monitoring – wir erfassen, wo welche Arten vorkommen und wie sich die Bestände entwickeln. Außerdem betreiben wir Grundlagenforschung und untersuchen, welche Ansprüche die Tiere an ihre Umwelt stellen, um daraus gezielte Schutzmaßnahmen abzuleiten.
Wieso verbringen die Tiere so viel Zeit unter der Erde?
Für den Winterschlaf benötigen sie kühle Temperaturen knapp über null Grad, um den Stoffwechsel herunterzufahren und die kalte Jahreszeit im „Energiesparmodus“ zu überdauern. Jedes unnötige Aufwachen kostet Energie und kann lebensbedrohlich für die Tiere sein. Unterirdische Quartiere bieten hierfür ideale Bedingungen. In Nordbayern wurden in den letzten 15 Jahren über 1.000 Keller – viele davon historische Bierkeller – untersucht. Dabei zählten wir mehr als 50.000 Fledermäuse.
Sie arbeiten bei ihren Forschungen mit modernster Technik?
In einem interdisziplinären Team haben wir ein drahtloses Sensornetzwerk in Miniaturform entwickelt. Die Sensorknoten, die den Fledermäusen auf dem Rücken ins Fell eingeklebt wurden, wiegen samt Mini-Computer, Batterie und Gehäuse nur ein Gramm. Sie kommunizieren untereinander und liefern im Sekundentakt Daten darüber, welche Tiere sich wann und wie nahekommen. So konnten wir erstmals nachvollziehen, wie Jungtiere mit ihren Müttern Quartiere wechseln – ein faszinierender Einblick in ihr Sozialverhalten.
Wie steht es um den Schutz der Fledermäuse in Deutschland?
Der Zustand der Populationen der meisten Arten hat sich in den vergangenen Jahrzehnten spürbar verbessert. Sorgen bereiten uns Arten wie das Graue Langohr, das unter der Intensivierung der Landwirtschaft leidet. Besonders wichtig ist die Störungsfreiheit der Winterquartiere.
Was können wir selbst für Fledermäuse tun?
Wer das Glück hat, Fledermäuse am eigenen Haus als „Untermieter“ begrüßen zu dürfen, hilft ihnen am besten mit Toleranz und dem Erhalt der Quartiere. Zusätzlich kann man für ausreichend Nahrung sorgen. Hier gilt: Was Insekten hilft, hilft auch den insektenfressenden Fledermäusen – beispielsweise das Pflanzen von heimischen Stauden im eigenen Garten.