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Das Lieferkettengesetz kommt

Die Bundesregierung will Unternehmen verpflichten, ihrer globalen Verantwortung besser nachzukommen. Der „Wirtschaftsweise“ Professor Achim Truger sagt, warum.

Interview: Martin Orth, 11.06.2021
Näherinnen in Asien
Näherinnen in Asien © picture alliance/ANN

Kleidung aus Asien, Kakao und Obst aus Afrika, Kaffee aus Südamerika: Unternehmen in Deutschland verdienen an dem, was in anderen Teilen der Welt erarbeitet wird. Die Bundesregierung nimmt nun Unternehmen in die Pflicht, dabei ihrer globalen Verantwortung besser nachzukommen. Dafür wurde das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ auf den Weg gebracht. Hauptziel ist es, den Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten zu verbessern und grundlegende Standards wie das Verbot von Kinder- oder Zwangsarbeit zu beachten. Achim Truger ist Professor für Sozioökonomie mit Schwerpunkt Staatstätigkeit an der Universität Duisburg-Essen und seit März 2019 Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweise“). Er sagt, welche Bedeutung das Gesetz hat.

Professor Achim Truger
Professor Achim Truger © SVR

Herr Professor Truger, die deutsche Wirtschaft steht traditionell für hohe Qualität und Standards. Warum ist ein Lieferkettengesetz dennoch wichtig?
Ja, das stimmt, allerdings importiert Deutschland auch preiswerte Konsumgüter und bezieht viele günstige Vorleistungen entlang der Lieferkette. Und da geht es tatsächlich um Anstand und Gerechtigkeit. Die Güter, die wir importieren und konsumieren, sollen nicht unter Verletzung von Menschenrechten hergestellt werden. Das hat die Wirtschaft 2011 in einer freiwilligen Selbstverpflichtung längst zugesichert. Allerdings setzen 80 Prozent der deutschen Firmen die Verpflichtung noch nicht um. Deshalb ist nun die Politik gefragt.

Möglicherweise erhöht das Lieferkettengesetz auch den Anreiz für deutsche Unternehmen, sich auf EU-Ebene für entsprechende Regeln einzusetzen.
Professor Achim Truger

Schwächt sich dadurch die deutsche Wirtschaft nicht im Wettbewerb?
Für die Unternehmen, die sich bisher nicht an die Verpflichtung halten, entstehen natürlich Kosten. Allerdings sind die Kosten gering. Eine Studie der EU-Kommission schätzt sie für die relevanten Unternehmen auf lediglich 0,005 Prozent des Umsatzes. Außerdem könnte der zu erwartende Imagegewinn deutscher Unternehmen für die Wettbewerbsfähigkeit letztlich sogar nützlich sein. Und die Unternehmen, die sich heute schon daran halten, profitieren natürlich.

Wäre nicht eine europäische, wenn nicht globale Regelung sinnvoller als eine deutsche Regelung?
Natürlich sind solche Regelungen umso wirkungsvoller je weiter der Geltungsbereich ist. Allerdings wird eine Einigung dann auch immer schwieriger zu erzielen sein. Insofern sind Maßnahmen in nationaler Verantwortung ein guter Einstieg. Frankreich und die Niederlande haben bereits ähnliche Gesetze. Möglicherweise erhöht das Lieferkettengesetz auch den Anreiz für deutsche Unternehmen, sich auf EU-Ebene für entsprechende Regeln einzusetzen.

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