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Konrad Adenauer – der Gründungskanzler

Vor 150 Jahren geboren, prägt Konrad Adenauer die junge Bundesrepublik als erster Kanzler, Architekt der Westbindung – und streitbarer Machtpolitiker. 

Wolf ZinnWolf Zinn , 11.12.2025
Konrad Adenauer
Konrad Adenauer war von 1949 bis 1963 der erste deutsche Bundeskanzler. © picture-alliance / Kurt Rohwedder

Es ist ein historischer Moment: Am 23. Mai 1949 verkündet Konrad Adenauer in Bonn als Präsident des Parlamentarischen Rates das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland; die neue Verfassung verwandelt die westdeutsche Trümmerlandschaft in einen demokratischen Rechtsstaat. Adenauer spricht von einem „neuen Abschnitt in der wechselvollen Geschichte unseres Volkes“. Wenige Monate später, am 15. September, wählt der Bundestag den damals bereits 73-Jährigen mit einer Stimme Mehrheit zum ersten Bundeskanzler. Bis Oktober 1963, also 14 Jahre, prägt er Form und Richtung des neuen Staatsgebildes. 

Vom Kölner Oberbürgermeister zum Gegner des NS-Regimes 

Konrad Adenauer kommt am 5. Januar 1876 in Köln zur Welt, als drittes von fünf Kindern des Justizsekretärs Johann Konrad Adenauer und seiner Frau Helene, geborene Scharfenberg – in den eher bescheidenen Verhältnissen eines katholischen Beamtenhaushalts. Adenauer studiert Jura und steigt früh in die Kommunalpolitik ein. 1917 wird er Oberbürgermeister von Köln, modernisiert die Stadt, fördert die Wirtschaft und wird 1921 zusätzlich Präsident des Preußischen Staatsrats. 

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten gerät Adenauer ins Visier des NS-Regimes. Er weigert sich 1933, Adolf Hitler am Flughafen zu begrüßen, und verbietet Hakenkreuzfahnen auf städtischen Brücken. Kurz darauf setzen die neuen Machthaber ihn ab. Nach dem Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 wird Adenauer sogar inhaftiert; durch die Intervention kirchlicher Stellen kommt er aber nach einigen Wochen wieder frei. 

Der NS-Diktatur steht Adenauer ablehnend gegenüber, er schließt sich jedoch keiner Widerstandsgruppe an. Die Briefe aus dieser Zeit zeigen einen tief verletzten, zugleich strategisch denkenden Politiker, der auf ein „Danach“ hofft. Nach 1945 gehört er zu den Mitbegründern der Partei „Christlich Demokratische Union“ (CDU) in der britischen Besatzungszone, übernimmt 1946 deren Vorsitz und arbeitet sich an die Spitze der westdeutschen Politik. 

Moskau, 13. September 1955: Adenauer und der sowjetische Ministerpräsident Nikolai Bulganin (l.) vereinbaren die Freilassung tausender Kriegsgefangener aus sowjetischer Haft.
Moskau, 13. September 1955: Adenauer und der sowjetische Ministerpräsident Nikolai Bulganin (l.) vereinbaren die Freilassung tausender Kriegsgefangener aus sowjetischer Haft. © picture alliance / Georg Brock

Architekt der Westbindung 

Adenauers politische Linie als Kanzler ist klar: Er bindet die Bundesrepublik an den Westen und dessen politische, wirtschaftliche und militärische Strukturen. Mit der Gründung der Bundeswehr 1955 und der Wiederbewaffnung setzt er sich gegen massive Vorbehalte im In- und Ausland durch. Unter Adenauers Führung tritt die Bundesrepublik dem Europarat und der Montanunion bei, später der Westeuropäischen Union, der NATO sowie der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Euratom. Sie entwickelt sich somit zu einem international anerkannten Staat – zugleich rückt die Wiedervereinigung in weite Ferne und die Blockkonfrontation verschärft sich. 

Adenauer begrüßt am 23. Juni 1963 US-Präsident John F. Kennedy auf dem Flughafen Köln-Wahn.
Adenauer begrüßt am 23. Juni 1963 US-Präsident John F. Kennedy auf dem Flughafen Köln-Wahn. © picture alliance / dpa

Adenauer setzt auf die Soziale Marktwirtschaft nach den Konzepten des damaligen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard: Auf Grundlage der Währungsreform von 1948 ermöglichen der Lastenausgleich – ein großes Umverteilungsprogramm zur Entschädigung von Kriegs- und Vertreibungsopfern – und ein breit ausgebauter Sozialstaat das „Wirtschaftswunder“ und stabilisieren die junge Demokratie. 

Adenauer mit dem Wirtschaftsminister und späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard (r.).
Adenauer mit dem Wirtschaftsminister und späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard (r.). © picture alliance / dpa

Außenpolitisch trifft Adenauer viele weitreichende Entscheidungen: 1952 unterzeichnet er das Luxemburger Abkommen mit Israel und der Jewish Claims Conference – ein damals umstrittener, historischer Schritt hin zu Wiedergutmachung und Anerkennung deutscher Verantwortung. 1955 reist Adenauer nach Moskau und erreicht die Rückkehr von deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion. 1963 besiegelt er gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle im Élysée-Vertrag die deutsch-französische Aussöhnung – Ausgangspunkt der bis heute andauernden engen Partnerschaft beider Länder in einem zusammenwachsenden Europa. „Wir müssen Europa schaffen, um den Expansionsdrang der Sowjetunion einzudämmen“, sagt er einmal – aus heutiger Perspektive fast prophetisch.  

22. Januar 1963: Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle (r.) unterzeichnen in Paris den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag.
22. Januar 1963: Adenauer und der französische Staatspräsident Charles de Gaulle (r.) unterzeichnen in Paris den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag. © picture-alliance / dpa

Kalkül und blinde Flecken 

Adenauer regiert mit ausgeprägtem Machtinstinkt. Er baut das Kanzleramt zum Schaltzentrum der Republik aus, dominiert Partei, Fraktion und Koalitionspartner und nutzt den Bundesnachrichtendienst, um politische Gegner im Blick zu behalten – eine Praxis, die klar gegen rechtsstaatliche Maßstäbe verstößt. 

Schwer wiegt auch Adenauers Personalpolitik: Mit Hans Globke holt Adenauer einen ehemaligen Spitzenbeamten des NS-Regimes als engen Mitarbeiter ins Kanzleramt; zahlreiche hohe Beamte in den Bundesministerien sind frühere NSDAP-Mitglieder. Die Kontinuität alter Eliten gehört zu den dunklen Kapiteln der Adenauer-Ära. 

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In der „Spiegel-Affäre“ 1962, als er den kritischen, investigativen Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ über die Bundeswehr als „Abgrund von Landesverrat“ brandmarkt, zeigt sich erneut Adenauers autoritäre Schlagseite – zugleich erzwingt die öffentliche Empörung eine Stärkung der Pressefreiheit und leitet das Ende seiner Kanzlerschaft ein. Bis 1966 bleibt Konrad Adenauer CDU-Vorsitzender und bis zu seinem Tod Bundestagsabgeordneter; am 19. April 1967 stirbt er in Rhöndorf im Alter von 91 Jahren. 

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