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Mit Konsum die Welt verbessern

Klimapositiv und sozial wirtschaften: GoodBuy-Gründer Simon Böhnlein erklärt, wie er es damit durch die Corona-Krise geschafft hat.

Kim Berg, 22.01.2021
 Simon Böhnlein möchte die Welt nachhaltig verbessern.
Simon Böhnlein möchte die Welt nachhaltig verbessern. © privat

Kann Konsum nicht nur klimaneutral, sondern sogar sozial sein? Diese Frage stellte sich der Berliner Gründer Simon Böhnlein. Im November 2019 eröffnete er gemeinsam mit Paul Berg den sozialen (Online-)Shop GoodBuy. Seitdem versucht er die Welt durch Konsum etwas besser zu machen.

Simon, was ist das Konzept bei GoodBuy?
Wir vertreiben ausschließlich Produkte, die ganz konkrete Lösungen für globale und lokale Probleme schaffen. In Berlin haben wir einen kleinen Laden mit Versandfläche eröffnet. Wir verschicken unsere Produkte, man kann sie aber auch im Shop kaufen.

Den Versand gestalten wir klimapositiv. Das heißt, wir versenden klimaneutrale Pakete. Das machen mittlerweile viele Onlinehändler. Das CO2, das auf dem Transportweg verbraucht wird, kompensieren wir durch die Unterstützung von Klimaprojekten. Man kommt also bei null raus. Das ist aber nicht unsere Vorstellung von einer Wirtschaft, die die Welt positiver gestaltet. Deshalb investieren wir pro Paket einen fixen Geldbetrag und unterstützen damit weitere Nachhaltigkeitsprojekte weltweit. Mit über 16.000 versendeten Paketen haben wir so schon 2.000 Quadratmeter gerodete Regenwaldfläche in Panama wieder aufgeforstet. Dadurch kompensieren wir nicht nur den Versand, sondern sorgen dafür, dass jedes Paket, das wir verschicken, in drei Jahren die gleiche Menge an CO2 noch mal gespeichert hat, nach sechs Jahren die doppelte Menge und so weiter.

 Aktuell sucht GoodBuy nach einer neuen Ladenfläche – die alte ist mittlerweile zu klein.
Aktuell sucht GoodBuy nach einer neuen Ladenfläche – die alte ist mittlerweile zu klein. © privat

Welche Probleme lösen eure Zulieferer?
Das ist ganz unterschiedlich. Ein Beispiel wäre Schokolade. Ein großer Teil der Wertschöpfungskette von Schokolade liegt im globalen Norden, obwohl der gesamte Kakao im globalen Süden angebaut wird. Deshalb hat Fairafric in Ghana eine Schokoladenfabrik aufgebaut. Dadurch erreichen sie, dass die Anbauregionen ein größeres Stück vom Wertschöpfungskuchen erhalten. So stärken sie die Wirtschaft in den jeweiligen Ländern.

Mit welchen Marken arbeitet ihr noch zusammen?
Die meisten Marken mit denen wir aktuell arbeiten sind in Deutschland ansässig. Dann haben wir mit den Schokoladenproduzenten eine Niederlassung in Afrika, einen Partner in Indien, einen aus Holland und ein paar aus Frankreich. Unser Ziel ist es aber, mehr internationale Marken in den nächsten Jahren zu integrieren.

 GoodBuy unterstützt die Schokoladenproduktion in Ghana, um die dortige Wirtschaft anzukurbeln.
GoodBuy unterstützt die Schokoladenproduktion in Ghana, um die dortige Wirtschaft anzukurbeln. © Manuel Imagery

Mit welchen Problemen wurdet ihr in der Krise konfrontiert?
Als Einzelhandelsladen waren wir unmittelbar betroffen. Wir sind ein kleines Team von fünf Personen, das gemeinsam und mit sehr viel Herzblut an der Eröffnung des Ladens gearbeitet hat. Und dann, drei Monate später, standen wir vor geschlossenen Türen. Wir wussten nicht, wie unsere Kunden darauf reagieren und ob wir es durch die Krise schaffen – vor allem, weil wir schon etwas hochpreisiger sind als andere Hersteller.

In den ersten Wochen des ersten Lockdowns haben wir dann auch fast gar nichts verkauft. Das war  für uns natürlich erst mal ein Schock. Wir haben uns aber relativ schnell wieder erholt und unsere Ziele, die wir uns für 2020 vor der Pandemie gesteckt hatten, sogar übertroffen.

Wie habt ihr das geschafft?
Das lag an vielen unterschiedliche Faktoren. Der Begriff Solidarität spielt dabei eine große Rolle. Viele unserer Kunden haben zur Unterstützung zum Beispiel Gutscheine gekauft, die sie einsetzen, wenn wir uns wieder erholt haben. Manche unserer Kunden geben uns Trinkgeld, wenn sie etwas kaufen, weil sie möchten, dass wir es durch die Krise schaffen.

Auch unsere Markenpartner waren sehr solidarisch. Gemeinsam mit zehn Sozialunternehmen haben wir eine GoodBox ins Leben gerufen. Unternehmen haben Produkte gesponsert, die wir verkauft haben. Der Erlös von 15.000 Euro ging an das ehemalige Flüchtlingslager Moria, um die humanitäre Krise dort zumindest ein bisschen abzufedern. Für einen Laden von unserer Größe war das schon relativ viel Geld.

Die Krise hat gezeigt, dass Veränderung sehr schnell möglich ist. Das gibt mir Hoffnung.
Simon Böhnlein, Goodbuy-Gründer

Über einen Freund war ich dann Anfang Mai zu Gast in Deutschlands meistgehörtem Podcast „Gemischtes Hack“. Dort habe ich unser Unternehmen vorgestellt. Das war ein echter Glücksgriff. Kurz vor dem zweiten Lockdown im Dezember haben sich vor unserem Laden sogar regelmäßig Schlangen gebildet. Ich glaube, wir haben mit GoodBuy einen sozialen Nerv getroffen, der bei vielen Menschen gut ankommt.

Hast du das Gefühl, dass das Thema Nachhaltigkeit durch die Krise noch mal stärker in den Fokus gerückt ist?
Ich glaube, das hat schon vor Corona begonnen, zum Beispiel mit Fridays for Future. Für mich persönlich hat Corona eher die soziale Nachhaltigkeit in den Vordergrund gerückt. Wie schaffen wir es, neben einer grünen Revolution, dass es auch den Menschen weltweit wieder besser geht? Corona hat soziale Ungerechtigkeiten noch mal verschärft und das ist vielen Menschen auch bewusst geworden.

Was macht dir in Bezug auf die Pandemie Hoffnung?
Die Krise hat gezeigt, dass Veränderung sehr schnell möglich ist. Das gibt mir Hoffnung. Ich hoffe, dass der politische Wille, die politische Machbarkeit und der Mut, den wir in der Krise gesehen haben, auch danach weiterlebt, wenn es um den gesellschaftlichen und den grünen Wandel geht.

Ich hoffe, dass dann auch Menschen mehr Unterstützung erfahren, die Mut haben, innovative Ideen auszuprobieren und die Welt dadurch ein kleines bisschen besser zu machen. Ich glaube, die Politik hat auch schon erkannt, welches Potential in sozialen Unternehmen steckt und deren Innovationskraft, die wir brauchen, um zukünftige Probleme zu lösen.

Das Team von GoodBuy setzt sich für eine Wirtschaft ein, die die Welt positiv gestaltet.
Das Team von GoodBuy setzt sich für eine Wirtschaft ein, die die Welt positiv gestaltet. © privat

Was können wir positiv aus der Pandemie mitnehmen?
Den Mut zur Veränderung, den man bei vielen Menschen spüren kann. Wenn man das richtig kanalisiert, kann daraus etwas sehr Positives entstehen. Mehr Achtsamkeit mit Mensch und Umwelt und weg vom reinen Profitdenken. Ich hoffe, dass wir diese neuen Tendenzen nach der Pandemie auch in konkretes Handeln umsetzen, sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik.

Wie sehen eure nächsten Schritte aus?
Wir werden zeitnah einen größeren Laden anmieten, weil unser Geschäft langsam aus allen Nähten platzt. Das haben wir am Anfang unterschätzt. Darüber hinaus wollen wir natürlich auch organisatorisch weiter wachsen und mehr Bekanntheit erlangen. Wenn das alles klappt, dann würden wir gerne auch weitere Läden in anderen deutschen Städten eröffnen. Das ist unsere Vision für die nächsten Jahre.

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